Das Bundesamt für Verfassungsschutz kalkuliert minutengenau – und sieht sich deshalb außerstande, der Vizepräsidentin des Bundestags Einsicht in ihre Akten zu geben.

Berlin - Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts erlaubt eine nachrichtendienstliche Beobachtung von Abgeordneten der Linken nur noch unter stark eingeschränkten Voraussetzungen. Das hat auch etwas Gutes für das Kölner Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV). Immerhin müssen etliche Beamte ihre Tage dort nicht mehr damit zubringen, Zeitungsartikel auszuschnippeln oder Reden von gut drei Dutzend Linken-Abgeordneten zu exzerpieren. Dafür haben die Extremismusexperten des BfV vielleicht bald ganz andere Aufgaben zu bewältigen.

 

Denn beim Kölner Verwaltungsgericht ist eine Klage von Petra Pau anhängig. Die Abgeordnete, seit 2006 Vizepräsidentin des Bundestages, will sämtliche vom BfV über sie geführte Akten einsehen. Die Personenakte musste ihr das Bundesamt schon 2009 – wenn auch weitgehend geschwärzt – vorlegen. Jetzt will Pau aber auch die Berichte sehen, die in der sogenannten Sachakte des Dienstes zusammengefasst sind.

„Unvertretbarer Verwaltungsaufwand“

Das BfV wehrt sich vehement und begründet dies in einem Schriftsatz seines Anwalts unter anderem mit einem „unvertretbaren Verwaltungsaufwand“. So tauche Paus Name unter anderem in 175 vollständig eingescannten Zeitungen auf. Diese Publikationen müssten vollständig ausgewertet werden, was etwa 262,5 Stunden dauern würde, heißt es. Für weitere 225 Dokumente mit Paus Namen aus der Sachakte legt der Anwalt jeweils 33,6 Minuten „für die bloße Durchsicht“ zugrunde, was 126 Stunden ergeben würde – inklusive des Anklickens der Seiten. Weitere 100 Stunden schließlich würden anfallen für die schriftliche Auflistung von Fundstelle und Gegenstand der Informationen. Dabei sei noch nicht einmal der Zeitaufwand für eine Prüfung schutzwürdiger Interessen des Amtes oder dritter Personen berücksichtigt.

Summa summarum sei ein Sachbearbeiter mindestens 60 Arbeitstage mit der Aufbereitung der Pau-Akte beschäftigt, schätzt der BfV-Anwalt. Zudem befürchtet das Bundesamt bei einem Erfolg der Auskunftsklage eine Antragsflut. Müsste das BfV Petra Pau Auskunft über ihre Sachakte geben, heißt es in dem Schriftsatz, hätte dies „absehbare Auswirkungen auf weitere anhängige oder zukünftige Auskunftsbegehren“.