Die Innenpolitiker aus Baden-Württemberg setzen beim Parteitag in Essen einen schärferen Kurs gegenüber Flüchtlingen durch.

Essen/Stuttgart - Als der Bundesparteitag der CDU in Essen am Dienstag beginnt, ist für Thomas Strobl, dem Chef der baden-württembergischen Union, das Wichtigste schon gelaufen. Ihm war es in den Gremiensitzungen vor dem Start des Parteitags gelungen, den als zu lasch empfundenen Leitantrag des Bundesvorstands gehörig nachzuwürzen. Dazu hatte sein Positionspapier gedient, das er im Vorfeld des christdemokratischen Familientreffens präsentiert hatte – zur Überraschung mancher in der Partei. Mehr Härte bei Abschiebungen von nicht bleibeberechtigten Flüchtlingen – das war die Kernbotschaft. Am Mittwoch verabschiedete der Parteitag dann den nachgeschärften Antrag, der unter anderem auch die Möglichkeit erwähnt, „Menschen, die aus den Booten der Schlepper vor dem Ertrinken gerettet werden, zurück an die nordafrikanische Küste zu bringen“.

 

Dabei kommt es auf Details wohl weniger an als auf das Signal: Die Union kann auch Härte. Die Kanzlerin wird mit einem solchen law-and-order-Kurs kaum identifiziert. Es ist auffallend, dass diese programmatische Lücke immer stärker von anderen gefüllt wird – maßgebend von der Südwest-CDU. Es waren Innenpolitiker der CDU-Landesgruppe innerhalb der Bundestagsfraktion, vorweg Armin Schuster und Clemens Binninger, die auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise bei der Kanzlerin das Ende des Chaos an der Grenze einforderten – mit eher langfristigem Erfolg. Schuster schaffte diesmal, ein Bekenntnis zur Einrichtung von Transitzentren an den Grenzen im Leitantrag durchzusetzen.

Werkstatt Baden-Württemberg

Es ist nun Strobl, der in der Parteiführung den Hardliner gibt. Strategisch ist das geschickt: Die Südwest-CDU schafft sich gerade im Gefüge der Bundespartei einen neuen Markenkern. Was wohl kein Zufall ist – Baden-Württemberg gilt in der Partei inzwischen auch als eine Art „Werkstatt“, was den Umgang mit der AfD angeht. Es passt ins Bild, dass sich der wachsende Einfluss auch personell bemerkbar macht. Im Bundesvorstand ist nun mit Stephan Harbarth neben Gudrun Heute-Bluhm, Monica Wüllner, Annette Widmann-Mauz eine vierte baden-württembergische Stimme vertreten. Dazu kommen im Präsidium Wolfgang Schäuble und Parteivize Thomas Strobl. Der Südwest-Chef hatte am Dienstag bei den Wahlen mit 73,8 Prozent der Stimmen ein Ergebnis bekommen, dass zwar im Rahmen seiner üblichen Ergebnisse auf Parteitagen liegt, aber doch auch einen leichten prozentualen Rückgang bedeutet.

Wie ist das zu interpretieren? Diskutiert werden zwei Varianten: Gut möglich, dass nicht jeder Delegierte dem in seiner Berliner Zeit durchaus moderat aufgetretenen Strobl den Schwenk zum Hardliner abgenommen hat. Die Partei ist zudem in der Flüchtlingsfrage gespalten. Wer sich, wie nun Strobl, mit einer scharf profilierten Position zu Wort meldet, riskiert Ablehnung vom anderen Lager.

Zugang zum Arbeitsmarkt

Allerdings beackert die Südwest-CDU auch die andere Seite der Flüchtlingspolitik. In der Landesgruppe der Bundestagsfraktion herrschte am Mittwoch große Zufriedenheit, dass ihr Papier zur rascheren Integration bleibeberechtigter Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt, ebenfalls weitgehend in den Leitantrag übernommen worden war. Wichtigster Punkt ist dabei, die sofortige Arbeitsaufnahme von Flüchtlingen mit guter Bleibeperspektive zu ermöglichen. Dabei soll es bei der Einstellung von Flüchtlingen möglich sein, „für ein Jahr vom ortsüblichen Lohn abzuweichen, sofern er den gesetzlichen Mindestlohn übersteigt“.