Die Bundesvorsitzenden von CDU, SPD und Grünen haben sich erneut zum Projekt geäußert. Vor Ort sinken die Chancen auf Gespräche weiter.

Lokales: Mathias Bury (ury)
Stuttgart - Am Wochenende hat sich erneut die Bundespolitik in den Streit über Stuttgart21 eingeschaltet. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich für den Weiterbau des umstrittenen Projektes ausgesprochen. Dieses sei "ein europäisches Projekt, das auch im europäischen Parlament abgestimmt wurde", sagte Merkel auf einem CDU-Landesparteitag in Mainz. Mit dem Projekt werde Europa von Frankreich über die Slowakei bis auf den Balkan verbunden. Deutschland müsse zeigen, "dass wir zuverlässig sind", so Merkel. Grünen-Bundeschef Cem Özdemir warf Merkel Unkenntnis in der Sache vor. "Die Kanzlerin ist entweder schlecht informiert oder sie verdreht bewusst die Tatsachen, wenn sie Stuttgart 21 als ein Projekt bezeichnet, das auf europäischer Ebene abgestimmt worden sei", so Özdemir. Dies sei falsch. "Weder hat das Europäische Parlament je über Stuttgart 21 abgestimmt noch finanziert die EU den Bahnhofsumbau."

Das Landesumweltministerium hat hingegen erklärt, dass die EU das Bahnprojekt Stuttgart-Ulm schon bis 2013 mit 215 Millionen Euro bezuschusst. Davon entfielen 101 Millionen Euro auf die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm und 114 Millionen Euro auf Stuttgart 21. Zur Umgestaltung des Bahnknotens Stuttgart gehören auch 30 Kilometer Ferngleise.

Stocker sieht keine Grundlage für Gespräche


Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel hat die von seiner Partei geforderte Volksabstimmung über Stuttgart 21 gegen die Kritik der Union verteidigt. "Mehr Demokratie wagen, das hat der SPD noch nie geschadet", sagte Gabriel auf dem SPD-Parteitag in Berlin. Regierungen könnten Referenden nutzen, um umstrittene Entscheidungen besser zu legitimieren.

Unterdessen sind die Chancen für weitere Gespräche zwischen Gegnern und Trägern des Projektes weiter gesunken. Da Stefan Mappus, Wolfgang Schuster und Bahn-Chef Grube auch für den Fall von Verhandlungen einen Baustopp abgelehnt hätten, sehe das Bündnis gegen Stuttgart 21 "keine Grundlage mehr für Gespräche", erklärte Gangolf Stocker vom Aktionsbündnis. Nun erwarte man von der Gegenseite bis zum 1. Oktober eine Erklärung. "Wenn die Reaktion der S-21-Betreiber darin besteht, weitere Abrissarbeiten am Südflügel vorzubereiten, die Bürger, die den Park schützen, massiv zu drangsalieren und einen Baustopp rundweg abzulehnen, entziehen sie konstruktiven Gesprächen jede Grundlage", so Stocker. "Und es muss über die Option Ausstieg geredet werden können."