Der Bund verlangt mehr Befugnisse bei der Inneren Sicherheit. Baden-Württemberg indes beharrt auf einer „Kernkompetenz“ der Länder.

Stuttgart - Bund und Länder streiten über die föderale Sicherheitsarchitektur in Deutschland. „Der Föderalismus hat im Sicherheitsbereich immer wieder Nachteile“, monierte jüngst der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen. Der CDU-Sicherheitspolitiker Clemens Binninger (CDU) nennt auf StZ-Anfrage den Fall des Berlin-Attentäters Anis Amri als Beispiel: „Manches spricht dafür, dass dieser Anschlag mit zentraleren Strukturen in der Inneren Sicherheit hätte verhindert werden können.“ Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl hält dagegen: „Sicherheit und die Polizei – das ist eine absolute Kernkompetenz des Landes.“

 

Bereits zu Jahresbeginn hatte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) mehr Kompetenzen für den Bund gefordert. Unter anderem sprach er sich dafür aus, die Landesämter für Verfassungsschutz in das Bundesamt für Verfassungsschutz einzugliedern. „Kein Gegner unserer Verfassung strebt die Beseitigung in nur einem Bundesland an“, befand de Maizière.

Clemens Binninger, der nicht mehr für den Bundestag kandidiert hat, aber das Geheimdienst-Kontrollgremium derzeit noch führt, wirbt schon seit langem für mehr Zentralität in der Inneren Sicherheit. Er vermisst im Bund-Länder-Geflecht eine „Gesamtverantwortung“, die im Fall Amri eine Chance eröffnet hätte, den Attentäter rechtzeitig aus dem Verkehr zu ziehen. So verlagerten sich zum Beispiel Zuständigkeiten je nach dem Reiseverhalten der Gefährder und es fehle eine zentrale Weisungskompetenz, auch beim Thema Abschiebungen.

40 Behörden, jede entscheidet für sich

„Es geht nicht um die Abschaffung des Föderalismus“, sagt Binninger, „aber für die Bekämpfung des Terrorismus gibt er nicht die richtige Antwort“. Zwar existierten bereits diverse Einrichtungen, die das Ziel verfolgten, die Aktivitäten von Bund und Ländern in Sachen Innere Sicherheit zu koordinieren – zum Beispiel im Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum (GTAZ) in Berlin, an dem 40 Behörden beteiligt sind, die aber – wie es schon auf der Homepage heißt – keinerlei Kompetenzen abgeben, sondern „ihre Maßnahmen in eigener Zuständigkeit und im Rahmen der für sie geltenden Gesetze“ treffen. Binninger schlägt zentrale Befugnisse des Bundes zumindest beim Umgang mit islamistischen Gefährdern vor. So soll das Bundeskriminalamt verantwortlich sein für die Einschätzung der tatsächlichen Gefährlichkeit der Gefährder – und für die Fahndung nach untergetauchten Gefährdern.

Martin Jäger, Staatssekretär im Stuttgarter Innenministerium, räumt ein: „Der Fall Amri hat gezeigt, dass wir ein Schnittstellenproblem haben.“ Deshalb sei es „Absicht der Länder, dass wir ein gemeinsames Musterpolizeigesetz in Angriff nehmen.“ Damit soll sichergestellt werden, „dass ein Gefährder nicht vom Radar verschwindet, wenn er das Bundesland wechselt“.