Horst Seehofer wird für die Zeit des Übergangs Präsident sein. Die CSU traf diese Neuigkeit unerwartet. Man sah den Fall Wulff als bereits ausgestanden.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Wenn er schlau ist – und zumindest enorm gerissen ist er ja nun mal – wird sich Horst Seehofer ausnahmsweise einmal Vorbild an einem Bremer nehmen, wenn nun die Rolle des Staatsoberhauptes interimsmäßig auf ihn zukommt. Weil er momentan den Vorsitz des Bundesrates innehat, befindet sich der bayerische Ministerpräsident von Haus aus in der Rolle von Jens Böhrnsen, der im Jahre 2008 einen Monat lang die Vertretung von Horst Köhler übernahm, umständehalber sogar noch etwas unverhoffter als Seehofer jetzt für Wulff einspringen muss. Böhrnsen, ansonsten medial wenig präsent, machte das Allerbeste aus seinem Job. Ohne überflüssiges Gerede (bitte, Bremer eben!) fand er bei Gelegenheit immer die richtigen Worte und trat, kaum dass er angetreten, bescheiden wieder ab.

 

Seehofer scheint die Bedeutung des Moments fürs Erste durchaus erkannt zu haben. Von sich selbst als Mittelpunkt geradezu wegstrebend, sprach er in einer Stellungnahme davon, dass sich zwar „niemand diesen bedauerlichen Gang der Dinge gewünscht“ habe, andererseits aus Achtung vor dem Amt fortan alle aufgerufen seien, „der Situation gerecht zu werden“.

Die CSU traf es unerwartet

Dass sich die Lage Wulffs durch die Ankündigungen der Staatsanwaltschaft am Donnerstag entscheidend änderte, traf die CSU ein wenig unvorbereitet. Intern war man davon ausgegangen, dass die Angelegenheit im Großen und Ganzen ausgestanden sei. Seehofer hatte versucht, einiges dazu beizutragen. Während der Kreuther Klausur Anfang Januar – als es schon einmal sehr bedenklich ausschaute für Wulff – übte sich der bayerische Ministerpräsident in Treueschwüren zum Bundespräsidenten und redete dessen Verfehlungen klein. Das Fernsehinterview, mit dem Wulff sich vorerst gerettet zu haben glaubte, wurde in der CSU mit einiger Genugtuung zur Kenntnis genommen.

Anders als Böhrnsen jedoch ist Seehofer nicht nur Ministerpräsident und Vorsitzender im Bundesrat, sondern gehört als CSU-Chef auch der ersten Findungsgruppe „Wir suchen wieder mal einen Bundespräsidenten“ um die Kanzlerin an. Heute noch soll in Berlin zunächst unter den Koalitionspartnern besprochen werden, auf wen Angela Merkel, Philipp Rösler und Horst Seehofer denn wohl setzen wollen.

Seehofer könnte die Übergangsphase bis zur Neuwahl nutzen, um bundesweit ein bisschen Sympathie für sich und seine Partei hervorzurufen. Dazu zählte dann freilich auch, dass der immer gerne als Poltereinlage genutzte Aschermittwochsvortrag in Passau tendenziell staatsmännisch ausfiele – was sich nun wieder gar nicht mit der dortigen Bierzeltatmosphäre verträgt.