15 Länder stimmen im Bundesrat dafür, das NPD-Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht einzuleiten. Hessen enthält sich, da die Landesregierung die Risiken eines Scheiterns für groß hält.

Stuttgart - Für gewöhnlich sind Reden im Bundesrat trocken und nüchtern. Dieses Mal zeigt sich, wie anschaulich eine Sitzung der Länderkammer sein kann. In der Debatte um den NPD-Verbotsantrag zeigen die Regierungschefs, wie wichtig ihnen dieser Schritt ist. Eine Stunde lang berichten vor allem ostdeutsche Ministerpräsidenten von Erfahrungen mit Rechtsextremismus und von der Ohnmacht, die sie befällt, wenn NPD-Vertreter in Landtagen Eklats provozieren.

 

Eindrucksvoll schildert der sächsische Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU), wie NPD-Vertreter im Landtag von der Polizei hinausgeführt werden mussten. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) ruft Plakate der Partei in Erinnerung, auf denen der Slogan „Gas geben“ stand. Und der schleswig-holsteinische Regierungschef Torsten Albig (SPD) berichtet davon, wie schwer es ihm als früheren Kieler Oberbürgermeister gefallen sei, Demonstrationen der NPD genehmigen zu müssen. Die Ministerpräsidenten wissen, dass es auf diese persönlichen Erfahrungen vor dem Bundesverfassungsgericht nicht ankommt. Die Argumente für das Parteienverbot finden sich in einer Materialsammlung wieder, welche die meisten Länder für belastbar halten. Zehn Jahre nach dem gescheiterten ersten Versuch beginnt ein neuer Anlauf für ein NPD-Verbot. 15 Länder stimmen im Bundesrat dafür, das Verbotsverfahren vor dem Bundesverfassungsgericht einzuleiten. Hessen enthält sich, da die Landesregierung die Risiken eines Scheiterns für groß hält.

Länder wollen Signal setzen

Die Bedenken vieler Juristen lassen die meisten Ministerpräsidenten nicht gelten. „Die NPD ist kein Verein von harmlosen Spinnern“, sagt Wowereit. Die Partei lege die Axt an den Rechtsstaat. Die Ministerpräsidenten verweisen darauf, dass sie den Bürgern nicht erklären könnten, warum die NPD mit Steuergeldern unterstützt wird. „Es ist eine Zumutung, dass eine Demokratie ihre eigenen Feinde mit Steuermitteln aufpäppeln muss“, sagt Albig. Deshalb wollen die Länder ein Signal setzen. Albig: „Wir sagen den Nazis: bis hierhin und nicht weiter.“

Intern haben die Länder über die hohen Anforderungen an ein Parteienverbot lange diskutiert. Die hessische Landesregierung kommt zum Schluss, dass die größte Hürde nicht beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, sondern beim Europäischen Menschengerichtshof in Straßburg liegt. Die übrigen Länder sehen zwar die Gefahr des Scheiterns, halten die Erfolgsaussichten aber für größer.

Der Kieler Regierungschef Albig sieht die größten Risiken nicht bei Gericht: „Die Gefahr, vor der wir stehen, ist das Scheitern vor unserer Geschichte.“