Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)


Genau das Gegenteil allerdings ist richtig. Der Rechnungshof sieht beide Projekte so kritisch wie von Beginn an - und hat den Verträgen, anders als vom Ministerium behauptet, niemals zugestimmt. Das stellt der Vizepräsident des Bundesrechnungshofs, Norbert Hauser, in einem Brief an den Haushalts- und den Verkehrsausschuss des Bundestages dar, der am 8. November verfasst wurde und dieser Zeitung exklusiv vorliegt. Man weise "klarstellend auf Folgendes hin", schreibt Hauser: "Der BRH hat nie sein Einvernehmen zur Unterzeichnung der Finanzierungsvereinbarungen beider Vorhaben erklärt." Vielmehr sieht Hauser die Kritik an den Projekten durch die Kostensteigerungen "grundsätzlich bestätigt".

Weiterhin macht der Vizepräsident in seinem Schreiben deutlich, dass der Bundesrechungshof im Frühjahr 2009 dem Ministerium nur zu einem Einzelaspekt der Finanzierungsvereinbarungen sein Einvernehmen erklärt habe, und das auch nur unter sechs strengen Auflagen. Darauf seien der Bundestag und die Berichterstatter der Ministerien damals auch hingewiesen worden. Bei diesem Einzelaspekt geht es um einen heiklen Vorgang, der einigen Ärger und viel Schriftverkehr zwischen Verkehrsministerium, Bundestag und Rechnungshof auslöste.

Der damalige Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee (SPD) verlangte vom BRH, einer stark vereinfachten Prüfung der Milliardenausgaben für Stuttgart 21 zuzustimmen. Das ergibt sich aus mehreren Schreiben des BRH an das Ministerium, die dieser Zeitung ebenfalls vorliegen. Die Deutsche Bahn sollte demnach als Bauherr den Einsatz der Steuermilliarden nur pauschal bestätigen. Die öffentlichen Gelder sollten zudem ohne externe Belegprüfung durch das Eisenbahnbundesamt und ohne Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Ausgaben verbaut werden. Der BRH stimmte dem Antrag Tiefensees schließlich nur unter mehreren Vorbehalten zu und verlangte unter anderem umfassende Prüfrechte.