Insgesamt 48 Parteien können zur Bundestagswahl im September antreten. Wir haben die Kernaussagen der größten Parteien zusammengefasst.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Stuttgart - Das sind die acht Kernthesen, mit denen die Grünen in die Wahl im September gehen. Der Überblick ist auf Grundlage einer umfangreichen Analyse der Landeszentrale für politische Bildung zusammengefasst. Hier geht es zum ausführlichen Wahlprogramm der Partei.

 

Ein ureigenes Thema der Grünen ist der Umwelschutz. dem Thema widmet die Partei das erste Viertel ihres Wahlprogramms. Sie erinnern an Dürren, Artensterben, Hochwasser und den steigenden Meeresspiegel. Sie klagen den aktuellen Umgang mit der Natur und mit Ressourcen an und sprechen sich daher für das Pariser Klimaschutzabkommen aus. Diese sei die letzte Generation, die etwas gegen den Klimawandel tun könne.

Die Partei möchte sich für sauberes Wasser und saubere Luft einsetzen. Sie fordert eine giftfreie Landwirtschaft ohne Monokulturen oder Pestizide, abgasfreie Autos und eine umweltfreundliche Mobilität sowie den Ausbau grüner Technologien. Die Grünen sprechen sich klar gegen Fracking aus. Sie möchten schnellstmöglich aus der klimaschädlichen Kohle aussteigen und die industrielle Massentierhaltung beenden. Einige ihrer Ziele: „Gutes Essen ohne Gift und Gentechnik“, „Erhalt unserer Lebensgrundlage“, „Klima- und Artenschutz“. Weitere Forderungen sind ein besserer Hochwasser- und Gewässerschutz, mehr Recycling. Die deutsche Öko-Industrie solle neue Arbeitsplätze schaffen.

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Asyl und Integration

In Sachen Integration und Asyl erinnern die Grünen an die eigene Flüchtlingsgeschichte der Deutschen nach dem Zweiten Weltkrieg oder aus der DDR. Deutschland solle weiterhin flüchtenden Menschen „Schutz und Heimat“ bieten. Die Grünen schlagen vier Punkte für eine geregeltere Einwanderung vor: Fluchtursachen bekämpfen, legale Fluchtrouten einrichten, ein schnelleres und faireres Asylverfahren durchsetzen sowie Integration fördern, unter anderem mit einem Integrationsgesetz und mehr Geld für Kommunen.

Sie fordern eine faire Handelspolitik mit armen Ländern, einen Stopp der Rüstungsexporte und mehr Geld für humanitäre Hilfe. Das Asylrecht solle nicht weiter verschärft werden. Der Familiennachzug soll den Plänen der Grünen zufolge vereinfacht, Residenzpflicht und Wohnsitzauflage abgeschafft werden. Das Asylverfahren und die Kontrolle der Grenze müsse allerdings besser geregelt werden, auch durch ein Einwanderungsgesetz. Eingewanderte oder Flüchtlinge sollen schneller Anspruch auf die deutsche Staatsangehörigkeit haben.

Die Grünen positionieren sich klar gegen die Abschottungspolitik und die Zäune in Europa: „Diese Abschottung ist unmenschlich.“ Sie stehen für eine faire Verteilung der Flüchtenden zwischen den EU-Staaten. Das Abkommen mit der Türkei möchte die Partei auflösen. Einwanderung von Arbeitskräften soll durch ein einfacheres Einwanderungsrecht attraktiver werden.

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Europa und Außenpolitik

Die Grünen sprechen in ihrem Wahlprogramm von einer „Krise Europas“; sie sehen Differenzen in der EU, insbesondere in der Flüchtlingspolitik. Doch grundsätzlich sieht die selbsternannte Europa-Partei die Zukunft in einem vereinten und solidarischen Europa, in „mehr Europa“: „Für ein friedenstiftendes Europa, das nach innen zusammenarbeitet und nach außen gemeinsam handelt und gegen Hetze und Nationalismus.“ Europaweit sollen die Löhne für gleiche Arbeit stärker angeglichen werden. Das gewählte Europaparlament soll mehr Rechte bekommen, zum Beispiel soll es eigene Gesetze einbringen können. Härte bei den Brexit-Verhandlungen unterstützen die Grünen. Eine weitere Forderung: das kostenlose Interrail-Ticket zum 18. Geburtstag. Mit einem europaweiten Zukunftsfond möchte die Partei die Modernisierung der Staaten vorantreiben und sie in Krisen unterstützen.

Außenpolitisch finden die Grünen klare Worte: Den amerikanischen Präsidenten Donald Trump nennen sie „einen gefährlichen Narzissten“, sie möchten sich stärker mit den US-Bundesstaaten statt mit der Regierung austauschen. Sie kritisieren scharf, dass Kriegsparteien weltweit das Völkerrecht nicht mehr einhalten. Dem russischen Präsidenten Wladimir Putin werfen sie die „völkerrechtswidrige Annexion der Krim“, seine Unterstützung des Präsidenten Baschar al-Assad in Syrien und die „aggressive Großmachtpolitik Russlands“ vor. An den Sanktionen gegenüber Russland halten sie fest. In Sachen Türkei positionieren sich die Grünen gegen Erdogan und fordern einen Stopp der Waffenlieferungen in das Land. Zwischen der EU und Afrika möchten sie ein Zukunftspaket aushandeln. Zur Lösung des Israel-Konflikts halten sie an der Zwei-Staaten-Lösung fest. Die Entwicklungsziele der UN unterstützt die Partei, Deutschland solle eine humanitäre Führungsrolle einnehmen. Dem US-amerikanischen Whistleblower Edward Snowden möchten sie Asyl gewähren.

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Wirtschaft und Arbeit

Ein weiteres Ziel des Wahlprogramms ist die gleiche Bezahlung von Männern und Frauen. Dies soll ein Entgeltgleichheitsgesetz regeln. Eine 50-Prozent-Frauenquote für die Führungsgremien von den oberen 3500 börsennotierten deutschen Unternehmen soll ebenfalls gelten. Sie möchten branchenverbindliche Tarifverträge sowie eine Mindestausbildungsvergütung einführen, deren Höhe sie nicht näher beziffern. Scheinselbstständigkeit soll unterbunden werden.

Die Grünen planen, eine „flexible Vollzeit“ einzuführen, in der die Arbeitszeit um zehn Stunden pro Woche reduziert und wieder erhöht werden darf. Sie möchten die Verhältnisse im überwiegend weiblichen „Dienstleistungsprekariat“ verbessern. Ein Tarifvertrag „Soziale Dienste“ soll in der gesamten Branche gelten. Außerdem sollen Erzieherinnen und Erzieher besser bezahlt werden.

Soziales, Familie und Rente

Die Grünen lehnen eine traditionelle Rollenaufteilung zwischen Mann und Frau ab. Sie sind außerdem für eine Ehe für alle und die Stärkung der Rechte der LSBTIQ-Community. Der „Pakt für das Zusammenleben“ soll als neue Rechtsform die Ehe ergänzen. Ebenfalls geplant ist ein sogenanntes Familien-Budget: „Mit dem Familien-Budget werden Kinderfreibetrag, Kindergeld, Kinderzuschlag und Kinderregelsatz zu einer unbürokratischen Leistung zusammengeführt.“

Ein Reformpaket soll Kinderarmut bekämpfen, Familien finanziell entlasten und Alleinerziehende unterstützen, konkrete Maßnahmen nennen die Grünen nicht. Jeder soll Anspruch auf einen Ganztagesplatz in einer Kita bekommen. Familienplanung soll durch kostenfreie Verhütungsmittel und die „Kinderzeit Plus“ vereinfacht werden. Gegen Gewalt gegen Frauen möchte die Partei stärker vorgehen und unter anderem die Finanzierung von Frauenhäusern sichern.

Die Grünen setzen sich für eine Mindestrente, die „Garantierente“, ein. Am Rentenalter von 67 Jahren halten sie fest, dafür solle Altersteilzeit ab 60 erleichtert werden. Sie stehen hinter den drei Säulen der Altersvorsorge: gesetzlich, privat und betrieblich. „In der Altersvorsorge wollen wir mit einem staatlichen Basisprodukt eine transparente Alternative zum Dschungel der Altersvorsorgeprodukte schaffen.“ Außerdem geplant sind eine schnellere Angleichung der Ost- und West-Renten und ein stabiles Rentenniveau.

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Bildung

Die Grünen kritisieren, dass die soziale Herkunft noch zu oft über Bildungs- und Aufstiegschancen entscheide. Sie setzen sich für ein möglichst langes gemeinsames Lernen ein. Ihr Ziel ist, „sieben Prozent (statt derzeit circa 4,2 Prozent) der Wirtschaftsleistung in die allgemeine Bildung und mindestens 3,5 Prozent (statt derzeit circa 2,9 Prozent) in Forschung und Entwicklung zu investieren“. Ein Förderprogramm in Höhe von zehn Milliarden Euro soll marode Schulen sanieren.

Sicherheit

„Wir statten Gerichte, Polizei und Sicherheitsbehörden besser aus – mit mehr Personal, einer guten Aus- und Weiterbildung und zeitgemäßer Technik“, so beschreiben die Grünen ihre Position zur inneren Sicherheit. Statt weiterer Grundrechtseingriffe fordern sie „wirksame Prävention und effektive Strafverfolgung“. Sie sind gegen Vorratsdatenspeicherung und möchten Videoüberwachung nicht generell. sondern nur an gefährlichen Orten ermöglichen. Gefahren für die innere Sicherheit sehen sie im Dschihadismus und Rechtsextremismus. Die Bundeswehr möchte die Partei auch künftig nicht im Inneren einsetzen. Ein weiterer Punkt: Der Verfassungsschutz soll reformiert werden.

„Eine Erhöhung der Militärausgaben ist nicht sinnvoll“, befinden die Grünen. Mehr Geld für Rüstung lehnen sie daher ebenso ab wie Waffentransporte, die ein Rüstungsexportgesetz weiter beschränken soll. Sie möchten stattdessen 0,7 Prozent des BIP in die Entwicklungsarbeit stecken und die Kooperation auf europäischer und internationaler Ebene stärken: „Die Welt wird nur sicherer werden, wenn wir international nicht weniger, sondern enger zusammenarbeiten.“ Die Nato sehen sie dabei als wichtigen Partner für Europa. An den Vereinten Nationen möchten sie sich finanziell stärker beteiligen.

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Steuern

Eine Vermögenssteuer für Superreiche und eine gerechte Erbschaftssteuer möchten die Grünen einführen. Der Grundfreibetrag soll erhöht werden, ebenso der Spitzensteuersatz. Das Ehegattensplitting sei „unmodern“, so die Grünen, und biete Anreize für Geringbeschäftigung von Frauen. Deswegen soll es abgeschafft und durch eine Familienförderung ersetzt werden. Die hohe Vermögenskonzentration bei einigen wenigen schadet auch laut OECD der Wirtschaft und Gesellschaft. Eine stärkere Regulierung der Finanzmärkte ist ein weiteres Ziel der Partei.

„Mit einer einseitigen Sparpolitik hat sie [die Große Koalition] die Gräben in der EU vertieft.“ Außerdem fordern die Grünen, dass große Unternehmen keine Steuerflucht mehr betreiben und ihre Steuern in Deutschland zahlen. Ein neues Regelwerk soll helfen, die „Bekämpfung von Steuer-¬ und Kapitalflucht“ durchzusetzen. Die Spekulation mit Nahrungsmitteln an den Finanzmärkten verurteilen die Grünen scharf.

Gesundheit

„Wir werden die Zwei-Klassen-Medizin abschaffen und stattdessen mit einer Bürger*innenversicherung eine gute Gesundheitsversorgung für alle ermöglichen“ - so der Plan der Grünen. Die Ausbildung aller Gesundheitsberufe soll kostenlos werden. Pflegezeit Plus und zehn Tage Freistellung mit Lohnersatzleistung ist die Antwort der Partei auf akute Pflegenotfälle in der Familie.