Die AfD macht im Bundestagswahlkampf weiter Wirbel, unter anderem mit einem Auftritt der ehemaligen CDU-Politikerin Erika Steinbach, die kein AfD-Mitglied werden will – vorerst.

Korrespondenten: Knut Krohn (kkr)

Pforzheim - Erika Steinbach will dabei sein, aber nicht wirklich dazu gehören. Mitglied der AfD sei sie nicht, sagt die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete und Vertriebenenchefin, dennoch habe sie beschlossen, für die Alternative für Deutschland Wahlkampf zu machen. Ihren ersten Auftritt hatte sich am Mittwoch in Pforzheim – begrüßt wurde sie von den über 1200 Besuchern mit stehenden Ovationen.

 

Sie habe sich entschlossen, sich in Zukunft für die AfD stark zu machen, weil sie ein politisches Defizit im Bundestag sehe, sagte sie vor der Wahlveranstaltung. In Berlin gebe es schlicht keine wirkliche Oppositionspartei mehr. Aus der CDU ausgetreten war sie vor allem wegen der Eurorettungspolitik, dem beschleunigten Atomausstieg und der Flüchtlingspolitik der Kanzlerin Angela Merkel. Diese Themen waren denn auch in Pforzheim Schwerpunkte ihrer Rede. Den ständigen Streit in der AfD sieht sie als eine Art Kinderkrankheit einer noch jungen Partei. Ähnliche Auseinandersetzungen habe sie einst als Stadtverordnete in Frankfurt in gleicher Weise bei der damals noch neuen Partei der Grünen selbst miterleben können.

Bejubelt wurde an dem Abend in Pforzheim auch Alice Weidel. Um die AfD-Spitzenkandidatin hatte es in diesen Tagen allerdings einigen Wirbel gegeben. Nach ihrem abrupten Abgang aus einer ZDF-Talksendung wird ihr Wahlkampfinszenierung vorgeworfen. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte der „Bild“-Zeitung, es sei „ein billiger Trick von Rechtspopulisten, sich als Opfer darzustellen“. Auch ZDF-Chefredakteur Peter Frey vermutete hinter dem Eklat eine politische Inszenierung.

Weidel nimmt zum TV-Eklat Stellung

Weidel selbst erklärte in Pforzheim, dass sie keinen Sinn mehr darin gesehen habe, weiter in der ZDF-Sendung zu bleiben. Sie habe auf dem Podium nicht erkennen können, „dass man sich mit den Positionen der AfD auseinandersetzen wollte“, sagte Alice Weidel.

Was war passiert? Weidel hatte am Dienstagabend die ZDF-Wahlsendung „Wie geht’s, Deutschland“ vorzeitig verlassen. Ihrem Abgang vorausgegangen war eine kurze Auseinandersetzung mit dem CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer. Die AfD-Politikerin war ihm ins Wort gefallen und warf ihm vor, illegale Einwanderung legalisieren zu wollen. Scheuer hielt dagegen und forderte Weidel auf, sich von ihren Parteikollegen Alexander Gauland und Björn Höcke zu distanzieren. Gauland habe Höcke als Seele der AfD bezeichnet, sagte Scheuer. „Für mich ist er einfach ein Rechtsradikaler.“ Weidel ging daraufhin wortlos.

Eine Erklärung Weidels wäre interessant gewesen, denn sie ist die treibende Kraft hinter einem Parteiausschlussverfahren gegen Höcke. Der thüringische AfD-Landeschef hatte mit seinen völkisch-nationalen Äußerungen die Partei in große Erklärungsnöte gebracht. Höckehatte beispielsweise am 17. Januar in Dresden mit Bezug auf das Holocaust-Mahnmal in Berlin von einem „Denkmal der Schande“ gesprochen. Unter anderem forderte der frühere Geschichtslehrer eine 180-Grad-Wende in der deutschen Erinnerungskultur. Höcke selbst fühlte sich missinterpretiert.

Hinweise auf geplante Aktion

Darauf, dass Alice Weidel ihren vorzeitigen Abgang schon im Vorfeld einkalkuliert hatte, lässt die Erklärung schließen, die nur wenige Minuten später über die sozialen Medien lief. Sie erklärte via Twitter, die Moderatorin Marietta Slomka habe sich „mit der frechen Intoleranz und der plumpen Argumentation von SPD und Grünen gemein gemacht“. Sie solle ihre „persönlichen Animositäten nicht in den eigenen Sendungen ausleben“. War also die Moderatorin der Auslöser für ihr Gehen? Diese Erklärung ist einigermaßen erstaunlich, konnten die Fernsehzuschauer doch selbst sehen, dass die AfD-Spitzenpolitikerin sich vor allem über CSU-Generalsekretär Scheuer aufgeregt hatte.

Nach dem Abgang von Alice Weidel aus dem Fernsehstudion äußerten sich auch auch andere AfD-Politiker in abfälliger Weise über Slomka. So fordert Jens Maier, auf Platz zwei der AfD-Landesliste für den Bundestag, auf Facebook, die ZDF-Moderatorin zu „entsorgen“. Der Richter am Amtsgericht in Dresden benutzt dabei offensichtlich gezielt die Wortwahl Alexander Gaulands. Der hatte mit seinem Satz, man solle die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD) in Anatolien entsorgen für Aufregung gesorgt.

Auch Markus Frohnmaier, Vorsitzender der AfD-Nachwuchsorganisation Jungen Alternative und Bundestagskandidat in Baden-Württemberg, äußerte sich. Auf Twitter postete er ein Foto von Alice Weidel, die gerade das ZDF-Studio verlässt mit dem auf Marietta Slomka gemünzten Text: „Mäuschen – Am 24.09. mache ich dich arbeitslos.“