Im Verhältnis zwischen Land und Kommunen gibt es immer wieder Spannungen. Grund ist stets das liebe Geld. Diesmal geht es darum, wer die Schatulle öffnet, um das Bundesteilhabegesetz im Südwesten umzusetzen.

Stuttgart - Der Landkreistag schlägt unmittelbar vor der Präsentation des Landeskonzeptes für die verstärkte Teilhabe behinderter Menschen Alarm: Die Landesregierung habe zusagt, die Kosten der Umsetzung im Südwesten zu tragen, betonte Landkreistagspräsident Joachim Walter am Montag in Stuttgart. „Umso empörter sind wir, dass das Land die Land- und Stadtkreise in den kommenden zwei Jahren mit Mehrbelastungen aus der Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in Höhe von rund 150 Millionen Euro allein lassen will.“ Sozialminister Manne Lucha (Grüne) wies die Kritik des Verbandes als dreist zurück.

 

Verbandspräsident Walter erläuterte, das Land habe die Kehrtwende Ende Oktober völlig überraschend vollzogen. In einer Resolution fordert der Landkreistag einen sofortigen Ausgleich der Mehrbelastung. Die Kreise sind die Träger der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung. Bei deren gesellschaftlicher Teilhabe kann das neue Gesetz aus kommunaler Sicht einen Quantensprung bewirken.

Freiwillige Beteiligung an Kosten

An diesem Dienstag stellt Minister Lucha den Anhörungsentwurf des Ausführungsgesetzes zum Bundesteilhabegesetz dem Kabinett vor. Das Gesetz soll Menschen mit Behinderung gemäß der UN-Behindertenrechtskonvention eine gleichwertige Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und am Arbeitsleben ermöglichen. Betroffen sind im Südwesten rund 80 000 Menschen. Lucha betonte, er erkenne die Pflicht des Landes zur Kostenübernahme grundsätzlich an. „Ab dem Jahr 2020 sind dafür die rechtlichen Voraussetzungen der Bundesregelung erfüllt - denn dann geht es erst richtig los.“

In den Jahren 2018 und 2019 beteilige sich das Land an den Kosten auf freiwilliger Basis - mit Summen, die aus Sicht des Landkreistages nur ein Tropfen auf den heißen Stein sind.

Nach Angaben des Verbandes lässt das Land für das kommende Jahr 9,2 Millionen Euro springen, für 2019 knapp 13 Millionen Euro. Die Ausgaben lägen aber bei 68 Millionen Euro 2018 und bei 99,5 Millionen Euro für das darauf folgende Jahr. Das Budget für Arbeit, das Lohnkostenzuschüsse für die Anstellung behinderter Menschen ermöglicht, schlage mit 52,5 Millionen in beiden Jahren, eine gelockerte Vermögensanrechnung mit 69 Millionen Euro zu Buche. Verbandspräsident Walter nannte das Verhalten des Landes unseriös. „Es widerspricht dem Anspruch des Landes, partnerschaftlich und vertrauensvoll mit den Kommunen umzugehen.“

Irgendwer muss für Mehrkosten aufkommen

Aus Sicht der Betroffenen ist es nicht entscheidend, wer für die Mehrkosten aufkommt: Für Jutta Pagel-Steidl, Geschäftsführerin des Landesverbandes für Menschen mit Körper- und Mehrfachbehinderung, ist nur wichtig, dass behinderte Menschen die Unterstützung bekommen, die sie brauchen. „Es darf in Finanzfragen aber kein Schwarzer-Peter-Spiel geben.“