Annemarie Frohnmaier ist mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. Die Feierstunde im Widdumhof wurde zur Würdigung einer Münchingerin, die selbstbewusst alles für andere gibt, aber inzwischen auch Hilfe dankbar annehmen kann.

Korntal-Münchingen - Und immer wieder ist da der Zweifel. Hat sie wirklich alles getan, was in ihrer Macht steht, damit den Menschen um sie herum geholfen ist? Annemarie Frohnmaier war sich nie sicher, nicht als Stadträtin, nicht als Vorsitzende des Awo-Ortsvereins, nicht als Gründerin der Nachbarschaftshilfe, nicht in der Flüchtlingsbetreuung. Just dieser Zweifel aber war ihr Antrieb, es besser zu machen, noch mehr von sich einzubringen.„Ich will, dass es den Menschen gut geht“, sagt sie über ihre Motivation. „Ich habe mich selbst nicht so wichtig gefühlt.“ Dass ihr Engagement für andere nahe an die Selbstaufgabe ging, machten die Festredner am Dienstag im Münchinger Widdumhof deutlich.

 

Der Anlass für die Feierstunde war die Ehrung für eine Frau, die für die einen schlicht „dui Frohnmaierin“ ist, für die anderen respektvoll „das soziale Gewissen des Gemeinderats“: Annemarie Frohnmaier wurde mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet. Sie erhielt damit die höchste Auszeichnung, die es für derartige Leistungen im Dienst von Staat und Gesellschaft in Deutschland gebe, sagte der Bürgermeister Joachim Wolf. Sie habe sich in der Tat große Verdienste um das Allgemeinwohl erworben, sagte der Landrat Rainer Haas in seiner Laudatio. Er zitierte Ernst Jünger, um sie zu beschreiben: „Die Pflicht ist selbstverständlich, aber das rechte Gewicht gibt erst das Herz, das freiwillig in die Waagschale geworfen wird.“

Hartnäckige Gesprächspartnerin

Dabei kann die Sozialdemokratin durchaus auch hart bleiben. Bei aller Empathie hält sie hartnäckig an einer Sache fest, wenn sie davon überzeugt ist. Das hat Egon Beck, der Vorsitzende der SPD-Gemeinderatsfraktion, auch selbst erfahren. „Lasse mr’s“, habe sie gesagt, wenn sie in einer Diskussion erkennen musste, sich nicht durchsetzen zu können. Damit war die Sache freilich nicht abgeschlossen. Irgendwann nahm sie die Diskussion wieder mit neuen Argumenten auf. Das ging so lange, bis sie sich durchgesetzt hat.

Sie hat sich auch gegen alle Widerstände im Gemeinderat positioniert. 1989 war sie die erste Münchingerin, die in das Gremium gewählt worden war. Sie musste sich manch spöttisches Wort anhören, doch die SPD-Frau war schnell in den sozialen Themen heimisch, quer durch alle Generationen. Dabei hatte sie keine Scheu, andere Parteien für ihre Ideen zu gewinnen, wenn sie in der eigenen Fraktion keine Mehrheit fand. So verwundert es auch nicht, dass sie gleich in ihrer ersten Amtsperiode mit allen ihren Ratskolleginnen die interfraktionelle Frauenfraktion gründete. Die Frauen wollten Konzepte für eine bessere Kinderbetreuung, für Bildung und Pflege ausarbeiten und umsetzen.

Das Selbstverständnis prägt sie

Wie sie den Gemeinderat 26 Jahre lang prägte, den Heimatverein mitgründete, so gestaltete sie die Arbeiterwohlfahrt mit. Deren Kreisvorsitzender Wolfgang Stehmer schilderte, wie Frohnmaier es stets verstehe, Neues zu beginnen und Bewährtes zu halten, und Menschen für das Ehrenamt zu motivieren.

Ob mit der Willy-Brandt-Medaille des SPD-Kreisverbands ausgezeichnet, mit der Silbernen Ehrennadel des Gemeindetags Baden-Württemberg, oder aber auch geehrt von der Hochschule für öffentliche Verwaltung für ihr kommunalpolitisches Engagement: Es war ihr eine Ehre, aber die Skepsis ob ihrer Leistung blieb.

Frohnmaier berichtete in ihrer Dankesrede von all ihren Zweifeln, von ihrem Selbstverständnis, für die Menschen in ihrem Flecken, in ihrer Stadt da zu sein; ihnen zuzuhören und ihr Lebensumfeld zu verbessern, wann immer es möglich war. 1948 geboren ist sie zeitlebens eine Münchingerin geblieben. Sie sei nicht weit rausgekommen aus der „Strohgäu-Perle“, meinte sie fast entschuldigend. Bereut hat sie es freilich nicht. Sie wisse wohl, was sie ihrer Familie zugemutet habe, wenn sie wieder einmal das Haus verließ, ob nun Gemeinderat oder Arbeiterwohlfahrt warteten, ob Kinder, Jugendliche, Senioren; ob alte Münchinger oder neu ankommende Flüchtlinge Hilfe benötigten. Und sie wisse die Unterstützung wohl zu schätzen, die sie nun in Zeiten erhalte, in denen es für sie und ihre Familie schwierig geworden sei.

Zurückhaltend, zweifelnd, ob sie der Auszeichnung würdig sei, fast schon demütig – so nahm Frohnmaier die Auszeichnung an. Das Publikum wiederum stand ihr zu Ehren auf, um mit einem langen, warmherzigen Applaus zu gratulieren.