Der ehemalige DDR-Bürger Peter Moeller aus Leinfelden-Echterdingen klärt über das Unrecht des sozialistischen Staates auf und wird mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt.

Leinfelden-Echterdingen - Sechs Jahre seines Lebens hat er im Zuchthaus verbracht, weil er sich in der DDR für Freiheit und Demokratie stark machte. In Tübingen gründete Peter Moeller, der nun in Leinfelden-Echterdingen lebt, als politischer Flüchtling eine Organisation, die bis heute auf das Unrecht des sozialistischen Staates aufmerksam macht. Am vergangenen Dienstag zeichnete Vize-Ministerpräsident Nils Schmid (SPD) den 84-Jährigen für die Aufarbeitung der politischen Verfolgung in der früheren DDR mit dem Bundesverdienstkreuz aus.

 

Unsere Demokratie brauche Menschen wie Moeller, die gegen das Vergessen angehen und immer wieder daran erinnern, wie fragil jene Freiheit und Gerechtigkeit seien, die wir als völlig selbstverständlich erachten, sagte Schmid bei der Ordensverleihung im Neuen Schloss in Stuttgart.

1950 das DDR-Urteil: 15 Jahre Haft

Am 27. September 1950 hatte das Schweriner Landgericht Moeller und sieben weitere Mitschüler wegen Boykott- und Kriegshetze zu bis zu 15 Jahren Haft verurteilt. Die Studenten hatten vor den ersten Volkskammerwahlen 1950 in ihrer Heimatstadt Güstrow Flugblätter mit dem Titel „Freiheit durch freie Wahlen in Ost und West“ verbreitet. „Wir wurden von einem Gericht verurteilt, das seinen Namen nicht wert war“, erzählte Moeller bei seiner Dankesrede.

Der Schauprozess brachte auch seine Familie in eine schlimme Lage: „Meiner Schwester, die damals Lehrerin war, wurde der Zutritt zur Schule verweigert“, sagte Moeller. Wenige Wochen nach seiner vorzeitigen Entlassung floh er gen Westen. Durch Zufall stieß Moeller auf weitere Rostocker Studenten. Alleine in einem fremden Land – ohne Familie – gründeten sie den Verband Ehemaliger Rostocker Studenten (VERS). Erst 1992 wurde er vom Landgericht Schwerin rehabilitiert.

In mehr als 50 Jahren ist „einiges zu Tage gekommen“

Die Organisation mache seither öffentlich, was Jahrzehnte lang im Verborgenen bleiben musste, sagte der pensionierte Chemielehrer. Moeller organisiert etwa Seminare zur politischen Bildung, informiert Schüler oder tritt als Zeitzeuge in Fernsehproduktionen auf. Die Arbeit für den Verband sei anspruchsvoll, sagte er. In mehr als 50 Jahren sei dadurch „einiges zu Tage gekommen“.

Ein Jahr vor Moellers Festnahme hatte das Sowjetische Militärtribunal den Wortführer der liberalen Studenten in Rostock, Arno Esch, zum Tode verurteilt. 1951 wurde Esch in Moskau hingerichtet. So wie Esch, sei es Tausenden Deutschen ergangen, erzählte Moeller. Ihre Leichen lägen in Massengräbern in Moskau. Der VERS sei maßgeblich an der Rehabilitation Eschs beteiligt gewesen, so Moeller.

Ehemaliger Schüler ist heute Vize Regierungschef

Der Mahner, wie ihn Nils Schmid nannte, ist überzeugt, dass sich nach 25 Jahren eine deutsche Einheit bilden konnte. Es gebe jedoch noch viel zu tun. „Der Weg ist richtig – und das haben die allermeisten verstanden“, sagte Moeller.

Von Ende der 1960er-Jahre bis 1974 arbeitete Moeller als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität in Stuttgart-Hohenheim. Anschließend wechselte er als Lehrer an das Eduard-Spranger-Gymnasium in Bernhausen. Dort kreuzten sich auch die Wege von Schmid und Moeller: Der stellvertretende Ministerpräsident hat 1993 am ESG das Abitur abgelegt. Moeller unterrichtete dort bis 1996.