In zentralen Punkten verstößt die Erbschaftsteuer gegen die Verfassung. Dies hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Mittwoch entschieden. Privilegien für Firmenerben seien nicht mit dem Grundgesetz vereinbar.

Karlsruhe - Das Bundesverfassungsgericht hat die Regelung zur Erbschaftsteuer in zentralen Punkten gekippt. Die Steuerprivilegien für Firmenerben seien in ihrer derzeitigen Form verfassungswidrig, urteilten die Richter. Sie gaben dem Gesetzgeber bis Ende Juni 2016 Zeit für eine Neuregelung. Bis dahin kann das alte Recht weiter angewendet werden.

 

„Der Senat betont in seiner Entscheidung, dass der Schutz von Familienunternehmen und Arbeitsplätzen grundsätzlich einen legitimen Sachgrund darstellen, Betriebe teilweise oder vollständig von der Steuer zu befreien“, sagte Gerichtsvizepräsident Ferdinand Kirchhof in Karlsruhe. Art und Weise sowie Ausmaß der Steuerbefreiung seien aber nicht mit dem Grundrecht der steuerlichen Belastungsgleichheit zu vereinbaren. So seien 2012 Befreiungsmöglichkeiten in Höhe von fast 40 Milliarden Euro in Anspruch genommen worden, während der Fiskus in diesem Jahr nur 4,3 Milliarden Euro Erbschaftsteuer eingenommen habe.

Besondere Vorteile für Firmen mit bis zu 20 Angestellten

Nach den seit 2009 geltenden Ausnahmen können Firmenerben beim Übergang des Unternehmens von den Steuern teilweise oder sogar ganz befreit werden, wenn sie den Betrieb mehrere Jahre fortführen, Arbeitsplätze erhalten und wenn ein Großteil des Betriebsvermögens in die Produktion eingebunden ist. Besondere Vorteile gelten für Firmen mit bis zu 20 Angestellten.

Die Richter beurteilten die Vorschriften aus mehreren Gründen als verfassungswidrig. So würden durch die Ausnahmen nicht nur kleinere und mittelständische Betriebe bevorzugt, sondern unabhängig von ihrem wahren Entlastungsbedarf auch Großkonzerne, hieß es unter anderem. Weiter missbilligte der Senat die Privilegien innerhalb der Steuerfreistellung für Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten sowie die Möglichkeiten, durch rechtliche Schlupflöcher Steuern zu vermeiden.

Die Richter gestanden dem Gesetzgeber bei der Neuregelung einen weitreichenden Gestaltungsspielraum zu. „Es steht ihm frei, an seiner bisherigen Befreiungskonzeption festzuhalten und allein die beanstandeten Punkte zu korrigieren“, sagte Kirchhof. Er könne die Erbschaftsteuer auch völlig neu strukturieren. Der Erste Senat entschied über eine Vorlage des Bundesfinanzhofes.