Während die USA und Frankreich ihre Offensive gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) verstärken, wird auch Deutschland weiter in den Krieg hineingezogen. Die Bundeswehr kann bald die Ausbildung kurdischer Kämpfer an den Waffen intensivieren.

Politik: Matthias Schiermeyer (ms)

Hohn/Schleswig-Holstein - Dass die betagten Bundeswehr-Flugzeuge anfällig für Schäden sind, hat sich am Freitagmorgen beim Aufbruch der militärischen Einweiser für den Nordirak wieder gezeigt: Der erste Startversuch einer defekten Maschine auf dem Nato-Flugplatz Hohn (Schleswig-Holstein) wurde vorzeitig gestoppt. Eine zweite Transall musste als Ersatz herhalten.

 

Die sechs Soldaten der Luftlandebrigade „Saarland“ und ein Sanitäter sollen in Erbil, der Hauptstadt der irakischen Kurden, Ausbilder an deutschen Waffen einweisen, damit die kurdischen Streitkräfte der Peschmerga der Terrormiliz Islamischer Staat künftig mehr Kampfkraft entgegensetzen. Weitere Sieben-Mann-Teams der Bundeswehr sollen folgen – vor allem Fallschirmjäger aus Lebach sowie Luftlandepioniere aus Saarlouis. In Erbil aktiv sind bereits sechs Soldaten, die dem Auswärtigen Amt unterstellt sind und die weitere Hilfe Deutschlands koordinieren.

Der Einsatz ist mit vielen Fragezeichen versehen. Wie lange die Soldaten im Nordirak bleiben, werde vom Ausbildungsstand der Peschmerga abhängen, sagt ein Presseoffizier. Auch die Uniformierten zeigen sich vor dem Abflug uninformiert. Es zeichnet sich lediglich ab, dass vor Ort eine, wie es heißt, „qualifizierte Übergabe“ bei einfachem Gerät oder Fahrzeugen erfolgen soll. Die Einweisung an komplexeren Waffensystemen wird noch im September an der nordbayerischen Infanterieschule Hammelburg beginnen. Im ersten Durchgang werden 30 Kurden an Panzerabwehrsystemen vom Typ Milan unterrichtet.

Eine ellenlange Liste von Militärgerät

Von Mittwoch an wird das aus diversen Depots beschaffte gebrauchte Material von Leipzig aus in den Irak geflogen – mit gecharterten Antonows aus Russland und der Ukraine. Darunter sind zunächst 4000 Gewehre von dem seit 50 Jahren benutzten Typ G3, nicht aber das aktuelle Gewehr der Truppe, das umstrittene G36 von Heckler & Koch. Begründung: das G3 sei einfacher zu bedienen und werde in der Region schon verwendet, so dass eine kurze Schulung vor Ort ausreiche. In drei Tranchen sollen insgesamt 16 000 Sturmgewehre, 8000 Pistolen, 30 Panzerabwehrsysteme mit 500 Raketen, 240 Panzerfäuste, 40 Maschinengewehre sowie 10 000 Handgranaten geliefert werden. Hinzu kommen Feldküchen, Zelte, 40 kleine Lkws (Unimog), fünf gepanzerte Transporter (Dingo), 60 Geländeautos (Wolf). Funkgeräte, Fernrohre und Sprengstoffsuchgeräte sind bereits im Irak. Der Munitionstransport – mehrere Millionen Schuss – erfolgt separat. Der Gesamtwert der Waffen für etwa 10 000 Peschmerga-Kämpfer beträgt 70 Millionen Euro. Der Not leidenden Bevölkerung hat man schon vor Wochen Nahrungsmittel, medizinisches Gerät und Decken zukommen lassen.

Kanzlerin Angela Merkel sagte Iraks Ministerpräsidenten Haidar al-Abadi am Telefon weitere Hilfe zu. So wird Deutschland immer tiefer in den Konflikt hineingezogen. Daher gewinnt auch die Debatte über ein nachträgliches Bundestagsmandat an Gewicht. Die Grünen halten dies für nötig, wenn die Bundeswehr Kämpfer für Gefechte ausbildet – was unbestreitbar ist.