Die Bundeswehr braucht einen Nachschlag für die Instandhaltung ihrer betagten Geräte. Die Grünen sehen deshalb schon die Bundeswehrreform in Gefahr.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Diplomatischer, als es ihr polnischer Kollege Tomasz Sziemoniak getan hat, kann man Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) wahrscheinlich nicht auffordern, ihre Hausaufgaben zu machen. „Wir in Polen glauben nicht an Gerüchte über eine angebliche Schwäche der Bundeswehr“, befand knitz Siemoniak bei einer Kommandeurstagung in Berlin vor wenigen Tagen. Dass das beileibe nicht als Vertrauenserklärung in die militärische Leistungsfähigkeit der deutschen Truppen zu verstehen war, zeigte sein nächster Satz: „Das kann sich heute auf dem Kontinent keiner mehr leisten.“

 

Dringlicher kann man eine Mahnung, die Probleme mit Ausrüstung und Einsatzbereitschaft der Bundeswehr zu beheben, kaum formulieren. Deren Leistungsfähigkeit ist nach Auffassung von Tomasz Sziemoniak unverzichtbar für die Verteidigungsbereitschaft der Nato – besonders angesichts der neuen Herausforderungen durch den Ukraine-Konflikt mit Russland.

Mindestens 200 Millionen Deckungslücke

Dass die Bundeswehr ihre Aufgaben ausreichend erfüllen kann, wird offenbar auch intern bezweifelt. Laut einem Bericht des Bundeswehrplanungsamtes, über den die „Süddeutsche Zeitung“ berichtet hat, droht durch eine Deckungslücke im Haushalt eine weitere Schwächung der Kampfkraft. Der aus den Leitlinien zur Neuausrichtung der Bundeswehr abzuleitende Bedarf an Ausrüstung sei „im Planungszeitraum nicht mit finanziellen Mitteln hinterlegt“, heißt es in dem Papier. Gebe es mittelfristig keine „angemessene Erhöhung“ der Gelder, müssten die Ziele entsprechend präzisiert – also nach unten korrigiert – werden. Das Ministerium hat die Existenz des Berichtes aus dem Planungsamt bestätigt, seine Bedeutung aber als „Papier einer nachgeordneten Behörde“ relativiert. Darin fänden sich auch die Wünsche der Teilstreitkräfte, die nicht ohne Abstriche erfüllt würden, erklärte ein Sprecher von der Leyens. „Eine Synchronisation mit den höheren Ebenen des Ministeriums“ habe noch nicht stattgefunden.

Dass mindestens 200 Millionen Euro fehlen, wollte der Sprecher nicht bestätigen. Aber tatsächlich weiß Verteidigungsministerin von der Leyen, dass in ihrer Kasse noch ein erhebliches Loch klafft. Zwar wollte sie vor wenigen Wochen von einer möglichen Erhöhung des Verteidigungsetats noch gar nichts wissen; doch inzwischen fordert sie nicht nur eine mittelfristige Aufstockung. Mit Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hat sie vereinbart, in den Haushaltsgesprächen Anfang 2015 über einen Nachschlag für Instandsetzung und Materialerhalt zu sprechen.

Schäuble hat Gesprächsbereitschaft signalisiert

In der Annahme, dass altes Gerät bald durch neue Waffen ersetzt werde, sei in den vergangenen Jahren die „Ersatzteilbewirtschaftung herunter gefahren worden“, berichtete von der Leyen vor wenigen Tagen. Deren Zulauf verzögere sich aber. Das „bewährte, aber betagte Material“ über seine geplante Nutzungsdauer hinaus funktionsfähig zu halten, sei sehr teuer. „Deshalb müssen wir diese Mittel wieder erhöhen“, sagte sie. Schäuble habe „Gesprächsbereitschaft“ signalisiert.

Während Abgeordnete der Koalition zuversichtlich sind, das nötige Geld aufbringen zu können, übt die Opposition harsche Kritik. Die Linken-Abgeordnete Christine Buchholz sprach von „Panikmache“ durch die Bundeswehrführung, die Stimmung für massive Aufrüstung machen wolle. Agnieszka Brugger und Tobias Lidner von den Grünen befürchten angesichts der Finanznot das Scheitern der Bundeswehrreform.