Minister de Maizière legt Wert auf Geheimhaltung, auch beim „Dresdner Erlass“. Damit ist er bei den Abgeordneten im Verteidigungsausschuss angeeckt.

Politik/Baden-Württemberg : Bärbel Krauß (luß)

Berlin - Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) hat die Angelegenheit behandelt wie eine geheime Kommandosache. Kein Sterbenswörtchen sollte vorab aus seinem Haus über den „Dresdner Erlass“ verlauten. Darin wird die Kompetenzverteilung in der Truppe und im Verteidigungsministerium neu geregelt. Am Mittwochabend hat de Maizière das neue Grundlagendokument im Militärhistorischen Museum in Dresden vorgestellt – vor einem exklusiven Kreis aktiver und ehemaliger Generale und Ministerialen, einer Handvoll handverlesener Journalisten und noch weniger Abgeordneten des Bundestags. Das Publikum war so exklusiv, dass morgens im Verteidigungsausschuss noch gerätselt wurde, was für eine Teilöffentlichkeit da wohl anwesend sei.

 

Immerhin: während die normalen Verteidigungspolitiker gar nicht dazugebeten worden waren, hatten die Obleute des Ausschusses eine Einladung erhalten. Allerdings haben nach Informationen der StZ aus Parlamentskreisen außer de Maizières Parteifreund Ernst-Reinhard Beck alle abgesagt. Die Obleute der übrigen Fraktionen haben den Termin sausen lassen – weil die Einladung zu kurzfristig war oder weil sie sich über „Ort und Art dieser Präsentation geärgert haben“, wie es der SPD-Obmann Rainer Arnold formulierte. „Wie kann man so etwas nur mitten in einer Sitzungswoche und auch noch janz weit draußen machen“, stöhnte ein anderer.

Sogar die Flugbereitschaft ist im Einsatz

Dabei hatte der Minister im Vorfeld gegenüber Eingeweihten „eine große Rede“ für den Abend angekündigt und einen ziemlich erheblichen Aufwand betrieben, um das von ihm auserkorene Publikum in seine Heimat Dresden zu holen: Eigens ist ein Regierungsflugzeug von Köln-Bonn nach Dresden und zurückgeflogen – jeweils mit Zwischenstopp in Berlin, um einige hochrangige Gäste aufzunehmen und wieder abzusetzen. In Dresden gab es einen Festakt und eine Führung durch den vor einem halben Jahr wiedereröffneten, von dem Architekten Daniel Liebeskind spektakulär umgebauten Museumskomplex. Dann wurde der neue Erlass, an dem bis zum Schluss gefeilt wurde, erläutert. Auch hochrangige Offiziere und Verteidigungspolitiker kannten das ganze Konzept bis kurz vor der Veranstaltung nicht.

Wie viele Verteidigungsminister ist Thomas de Maizière in seiner Amtszeit schnell ein ziemlicher Geheimniskrämer geworden. Schon sein Vorgänger Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) pflegte Jagd auf „Maulwürfe“ in den Streitkräften und im Ministerium zu machen; auch de Maizière hat in seinen zwölf Amtsmonaten bereits einen entsprechenden Ruf erworben. Seine Leitidee für die Kommunikation des Ministeriums sei: „Ein Minister, eine Meinung, eine Stimme“, kritisierte ein Verteidigungspolitiker der Koalition. Er gebärde sich schon als „Herrscher aller Reusen“. In dieses Bild passt die Geheimhaltung des „Dresdner Erlasses“. Davon kursierten bis zur offiziellen Vorstellung lediglich Textteile und sorgfältig gekennzeichnete Vorentwürfe.

Der Ausschuss muss um Zugang zu den Inspekteuren kämpfen

Zudem haben viele Verteidigungspolitiker nicht vergessen, dass sie zuletzt heftig kämpfen mussten, um den Zugang des Ausschusses zu den Inspekteuren der Truppe und umgekehrt aufrechtzuerhalten. Zunächst sei geplant gewesen, dass die Chefs der Teilstreitkräfte künftig nur noch auf Antrag im Ausschuss erscheinen dürfen und sich jeden Auftritt im öffentlichen Raum unter Nennung des jeweiligen Themas genehmigen lassen müssen. Drei Fragerunden im Ausschuss habe es gebraucht, bis de Maizières Statthalter, Staatssekretär Stéphane Beemelmans, sich festgelegt und diese Idee wieder fallen lassen habe. Dass an dieser Stelle alles beim Alten bleibt, wird jetzt allseits gelobt.

Mancher Abgeordnete hätte sich gewünscht, dass der neue Erlass in Berlin und unter Einbeziehung des ganzen Verteidigungsausschusses vorgestellt worden wäre – schließlich sei die Bundeswehr eine Parlamentsarmee, hieß es. Rainer Arnold erscheint schon der Name des neuen Dokuments nicht passend. Mit der Bundeswehr und dem Inhalt des Erlasses habe Dresden gar nichts zu tun. Die Stadt sei nur der Veranstaltungs- und Wohnort des Ministers. „Ich habe mich über den Ort und die Art der Präsentation geärgert und gehe deshalb auch nicht hin“, sagte Arnold. „Da ist ein bisschen viel Inszenierung dabei“, meint auch Omid Nouripour von den Grünen. „De Maizière und das Verteidigungsministerium kommunizieren wie im Kalten Krieg. Gerade mit einer Freiwilligenarmee verträgt sich das gar nicht.“ Auch der Verteidigungsobmann der Linken, Paul Schäfer, monierte die „Nacht- und Nebelaktion de Maizieres. „Der Minister inszeniert sich selbst am Hofe von Dresden, und das gefällt mir nicht.“