Drei ehemalige Schleckerfrauen eröffnen am Samstag in Erdmannhausen den bundesweit ersten Drehpunkt – einen genossenschaftlich betriebenen Markt.

Erdmannhausen - Das hat Erdmannhausen noch nicht erlebt: Drei Fernsehteams und zig Fotografen, Besucher von nah und fern und scheinbar alle Erdmannhäuser tummeln sich am Samstag im Ortskern. Genauer: in der neuen Drehpunkt-Filiale. Der Laden ist als Genossenschaftsprojekt der Gewerkschaft Verdi Vorreiter für weitere Drehpunkt-Drogerien, die folgen sollen. Entsprechend groß ist das Interesse der Medien. Überall werden Interviews gegeben, Kameras geschwenkt oder Blöcke gezückt.

 

Die neu eröffnete Drogerie in der ehemaligen Schleckerfiliale ist von den einstigen Schleckerfrauen Karin Meinerz, Bettina Meeh und Annemarie Keller in monatelanger Arbeit umgestaltet worden. Und nicht nur Verdi unterstützt die drei Frauen: „5000 Euro sind durch den Verkauf von Stützlis zusammen gekommen“, sagt Verdi-Sekretärin Christina Frank. Die Wertmünzen zu 50 oder 100 Euro wurden von Erdmannhäusern erworben und funktionieren wie ein zinsloser Kredit: 2015 können sie wie Einkaufsgutscheine für Einkäufe verwendet werden. Neben Stützlis gab es in den vergangenen Wochen auch mal Kuchen von den Bürgern für die ständig schaffenden Damen vom Drehpunkt. „Das ist wie eine Liebesbeziehung zwischen den drei Mädels und dem Ort“, so Frank.

Es gibt Sekt und Gebäck und die Kasse klingelt

Entsprechend groß ist das Interesse der Erdmannhäuser; Die Drogerie ist voll. Es wird Sekt getrunken, Gebäck verteilt und natürlich eingekauft: Die Kasse klingelt. „Morgens um acht kamen schon die ersten Kunden“, berichtet Annemarie Keller. Sie hat in der vergangenen Nacht keine vier Stunden geschlafen. „Wir haben bis ein Uhr nachts Kartons eingeräumt.“ Dennoch stehe noch nicht alles am Platz. „Es gab Probleme mit der Lieferung.“ Und dann zickte auch noch die Technik. „Wir hatten einen Festplattencrash“, berichtet der EDV-Fachmann Ulrich Neumann aus Leonberg, der ehrenamtlich aushilft. „Mit Ach und Krach haben wir das Kassensystem vor der Eröffnung zum Laufen gekriegt.“

Die ehemaligen Schleckerfrauen planen einen Bringservice

„Der Drehpunkt ist ganz wichtig für den Ort“, sagt Marion Orthwein aus Erdmannhausen. „Ich bin es leid, überall mit dem Auto hinzufahren. Ich habe den Schlecker sehr vermisst und der Eröffnung des Drehpunkts entgegengefiebert.“ „Wir sind richtige Drehpunkt-Fans“, pflichtet ihr die Erdmannhäuserin Anja Bröer bei. „Es ist wirklich toll, was die drei Damen alles geleistet haben.“ Gerade ältere Menschen ohne Auto seien auf die Filiale angewiesen. Um ihnen noch ein Stück entgegenzukommen, haben sich Meinerz, Meeh und Keller etwas Besonderes einfallen lassen: Einen Bringservice für alte oder kranke Menschen. „Wir werden auf Wunsch Waren ins Seniorenheim oder im Krankheitsfall nach Hause liefern“, so Keller.

Ähnliches haben die Schleckerfrauen aus Stetten am kalten Markt vor. Die Mitbegründerin der dortigen Drehpunkt-Drogerie, Andrea Straub, holt sich schon mal Tipps von den Kolleginnen. „Die drei Damen sind und waren uns bisher eine große Stütze.“