Die Ruine oberhalb Beutelsbachs soll nach der Vorstellung eines Stadtrates einen Turm erhalten, der in seinen Ausmaßen dem ursprünglichen Wohnturm entsprache. Ob der Plan Realität wird, ist ungewiss.

Weinstadt - Weit reicht die Sicht vom einstigen Standort der Burg Beutelsbach – und das trotz des bewölkten Himmels an diesem Tag. „Das ist der ideale Punkt für die Grafen von Beutelsbach gewesen, um die Verkehrswege zu überwachen“, sagt Wolf Dieter Forster. Denn zu Füßen des Bergsporns trafen im Tal die Handelsverbindungen von Cannstatt, Marbach und Korntal zusammen und führten dann an der Burg vorbei über den Schurwald ins Filstal und gen Augsburg.

 

Der SPD-Stadtrat Forster ist jedoch nicht nur zu der Ruine des Herrschaftssitzes derer zu Württemberg gekommen, um die schöne Aussicht zu genießen. Er will an Ort und Stelle seine Idee verdeutlichen: die eines steinernen Turms als „identitätsstiftendes Symbol für Weinstadt, das die Burg als bedeutendes Element dokumentiert“, statt der von der Stadtverwaltung angedachten, nicht begehbaren Holzkonstruktion, die symbolisch für den Burgturm zur Interkommunalen Gartenschau im Jahr 2019 erstellt werden soll (wir berichteten). Diese werde der herausragenden Bedeutung des geschichtsträchtigen Ortes, der nicht nur als die Wiege des Hauses Württemberg gilt, sondern an dem auch der Aufstand des Armen Konrad ihren Anfang und ihr Ende nahm, nicht gerecht, findet Forster. An Letzteres erinnert bislang auch nur eine schon recht mitgenommen aussehende Fahne, die dort oben einsam im Wind flattert.

Ein echter Steinturm statt einer Holzkonstruktion

Auf die Idee gebracht habe ihn die Burgruine seiner Heimatstadt Tuttlingen, berichtet Forster, der seit 50 Jahren in Weinstadt lebt. „Dort gelten die Türme, die 1880 auf der Ruine der im 30-jährigen Krieg zerstörten Burg Honberg gebaut wurden, als Wahrzeichen.“ Jedoch stellt er sich im Gegensatz zu den Tuttlinger Fantasiebauten vor, den Turm über Beutelsbach in der idealtypischen Bauweise des 11. Jahrhunderts zu errichten – natürlich in Abstimmung mit der Landesdenkmalpflege.

Anhänger für seinen Vorschlag hat er schon finden können: unter anderem den Endersbacher Thomas Kronenberg, der sich aber auch statt eines mitteralterlichen Nachbaus einen modernen Glasturm vorstellen kann, ähnlich dem Kunstmuseum Stuttgart. Ob nun aus Glas oder Stein, das müsse gemeinsam mit den Mitbürgern diskutiert werden, meinen die beiden. Auf jeden Fall aber solle der Turm „mit Leben gefüllt sein“. So können sich Forster und Kronenberg im Untergeschoss des Bauwerks beispielsweise eine von der Remstalkellerei oder örtlichen Wengertern betriebene Gastronomie vorstellen und im ersten Obergeschoss Museumsräume. Schließlich solle der Turm nicht allein ein Aussichtspunkt sein, sondern ein Ausflugsziel für Spaziergänger, Wanderer, Touristen oder auch Schulklassen, die an Ort und Stelle „praxisnah die Geschichte Württembergs erfahren“. Auch öffentliche Veranstaltungen wie bei der Y-Burg und Familienfeiern könnten ausgerichtet werden, regen die beiden an. Zudem könne der Turm für Jugend- und Vereinsarbeit genutzt werden.

Unterstützung von der Vereinigung der Unternehmer

Auch sonst stehen die beiden mit ihrer Vision keineswegs allein auf weiter Flur. Die Mitglieder der Vereinigung der Weinstädter Unternehmer können ihr ebenfalls etwas abgewinnen. „Ich habe das Projekt bei der letzten Sitzung vorgestellt und es hat durchaus positive Resonanz gefunden“, berichtet deren Vorsitzender Karl-Heinz Nüssle. Im Gegensatz zu einem „pflegeaufwendigen Holzgerüst“ sei ein Steinturm „mehr in die Zukunft gerichtet“. „Er bringt einen Freizeitwert und belegt die kulturhistorische Bedeutung“, sagt Nüssle. Als Identifikations- und Erkennungszeichen würde er die geschichtliche Bedeutung Weinstadts als Alleinstellungsmerkmal herausstreichen und den Tourismus beleben. All dies sei im Interesse der Vereinigung der Weinstädter Unternehmer.

Und wie sieht es mit den Kosten aus? Auch daran haben Wolf Dieter Forster und Thomas Kronenberg gedacht. Zum einen setzen sie auf Fördermittel des Landes, schließlich gehe es um nicht weniger als „die Wiege Württembergs“. Und zum anderen können sie sich vorstellen, dass der Turm zu einem Weinstädter Gemeinschaftsprojekt wird, an dem sich Bürger bei der Planung und beim Bau beteiligen.

Eine Bürgerbeteiligung ist für Dezember geplant

Ob der Steinturm Realität werden kann oder nicht, wird sich möglicherweise bei der Bürgerbeteiligung zeigen, welche die Stadtverwaltung voraussichtlich im Dezember veranstalten will. Die letztgültige Entscheidung, wie mit dem historischen Erbe umgegangen werden soll, wird allerdings sicherlich der Gemeinderat treffen müssen. Dort gibt es bereits jetzt kontroverse Ansichten zu dem Thema. Dabei drücken die Freien Wähler gewaltig auf die Bremse. So haben sie jüngst den Antrag gestellt, aufgrund von Mehrkosten bei anderen aktuellen Bauprojekten, auch keine Holzkonstruktion aufzustellen sondern nur den Fahnenmast zu beleuchten und eine Informationstafel sowie eine Grillstelle und Sitzgelegenheiten zu installieren.