Reflektoren in der Bluse und ein Navi im Schulterpolster – Berliner Studentinnen entwickeln Businessmode für Fahrradfahrerinnen

Berlin - Im Gegenlicht schimmert sanft ein ganz feines Gittermuster durch den Stoff der strengen Businessbluse. Was aussieht wie Gestaltungswille ist funktionelles Design: Unter der Oberfläche liegt im schneeweißen Gewebe ein Netz von Reflektoren. Die Frau, die mit diesem Shirt auf dem Fahrrad sitzt, kann nicht übersehen werden. Auch nicht, wenn sie Abends unter dem Scheinwerfer einer Bar steht.

 

Die Bluse gehört zu einer kleinen Kollektion von Unikaten, die 21 Studentinnen der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) am Mittwoch präsentierten – in einem mehrmonatigen Projekt haben die Modedesignerinnen und Bekleidungstechnikerinnen Büromode für Frauen auf dem Fahrrad entwickelt.

Mehr Frauen als Männer fahren mit dem Rad zur Arbeit

Obwohl mehr Frauen als Männer mit dem Rad zur Arbeit fahren, ignoriert die Modeindustrie das weitgehend, wie die Studentinnen bei ihrer Marktforschung festgestellt haben: ein Damenblazer, der keine fiesen Falten an der Armkugel wirft, Unterwäsche, die nicht im Rücken hochrutscht, sondern wärmt, ein Cape, das nicht in unerträglichen Outdoorfarben schillert – alles schwer zu finden. Das Ergebnis sei, dass Frauen sich mitunter fürs Auto entschieden, weil sie keine passende Businessbekleidung finden, die ihnen das Fahrradfahren erlaube. „Kleidung muss heutzutage für den ganzen Tag reichen, sowohl fürs Büro als auch für die Freizeit geeignet sein“, sagte Monika Fuchs, Professorin am HTW-Fachbereich „Gestaltung und Kultur“, bei der Vorstellung der Entwürfe.

Die Studentinnen fragten ihre Kundinnen, was sie auf dem Fahrrad stört und was sie sich wünschen würden, und hörten: Businesshosen, in deren Material sich nicht nach kurzer Zeit der Abrieb vom Sattel zeigt, Kleidung, die Temperaturunterschiede ausgleicht, damit man nicht verschwitzt beim Termin ankommt, Wetterschutz, der wirklich funktioniert – und all das bitte nicht „in diesem Megafahrradstyle“, wie es in den Interviews immer wieder hieß.

Ein Regencape mit Blinker am Rücken

Die entstandenen Entwürfe erscheinen schlicht und kombinationstauglich – aber sie haben es in sich: So verfügt das sanft curryfarbene Regencape nicht nur über einen Schnitt mit Schulterrundung und geformter Kapuze, sondern auch über ein integriertes Display am Rücken, das sich mit dem Smartphone verbinden lässt. Auf dem Display kann die Radfahrerin nun anzeigen, ob sie rechts oder links abbiegen will oder bremst. Der Blazer wird ersetzt durch eine Wendejacke aus dickem Jersey mit Zipper und Handstulpen, die als Windschutz und Handschuhersatz dienen, aber mühelos einklappbar sind. Kleine Magnete im Saum hindern die geöffnete Jacke am Flattern. Als Fahrradhose schlagen die Modeexpertinnen eine zur Zeit angesagte Culotte vor, die weit schwingt, deren Saum aber mit einem Tunnelzug ans Bein gezogen werden kann. Ein Blusenbody verhindert, dass das Shirt beim Fahren aus der Hose rutscht – und in die Fahrradunterwäsche ist ein Gestrick eingearbeitet, in dem hunderte kleine Paraffinzellen für den Wärme- oder Kälteausgleich sorgen und unterschiedliche Stoffstrukturen die Muskulatur unterstützen. Die Bluse ist mit Manschettenknöpfen ausgestattet, die über ein Steuerungselement fürs Smartphone verfügen. Zuckermolekülringe in den Stofffasern binden Schweißgeruch und setzen Düfte frei.

Zu den Projekten, die die Studentinnen weiterentwickeln wollen gehört noch mehr Technik: So gibt es zum Beispiel die Idee der Schulterpolster mit Vibrationsalarm, die mit einem Navigationssystem verbunden sind und so Richtungsänderungen signalisieren. Das Projekt wird vom Bundesumweltministerium gefördert. Der Verkehrsclub Deutschland (VCD) will damit junge Menschen dazu motivieren, sich mit nachhaltiger Mobilität zu beschäftigen.