Das von der Stuttgarter Straßenbahnen AG angekündigte Aus für die Buslinie 79 zum Flughafen löst Proteste bei Passagieren und Lokalpolitikern in Plieningen und Sillenbuch aus. Der Vorwurf lautet: Kurzsichtigkeit.

Plieningen - An der Haltestelle „Garbe“ steht der Bus der Linie 65. Er ist fast bis auf den letzten Platz besetzt. Bequemer finden die Kunden der Stuttgarter Straßenbahn AG (SSB) gegenüber im Bus der Linie 79 einen Platz. Sechs Personen sind an der Garbe zugestiegen. Aussteigen will eine Person erst an der Plieninger Post. An den Haltestellen Windhalmweg und Fraubronnstraße rauscht der SSB-Bus vorbei. An der Post steigt auch niemand zu.

 

Weiter geht es durch die Bernhauser Straße Richtung Flughafen. Am Himmel sind die Lichter einer landenden Maschine zu erkennen, als der Bus zum Flughafen abbiegt. Vor dem Terminal macht er schließlich Halt. Zwei Paare steigen mit ihren Rollkoffern aus. Sie lachen und scheinen gute Laune zu haben.

Passagierin ratlos

Diese vergeht Amelie Bufler, als sie erfährt, dass die Buslinie 79 nur noch bis zum 17. Mai des kommenden Jahres den Stuttgarter Flughafen ansteuern wird. Sie arbeitet bei einer Firma am Flughafen. Die Buslinie 79 bringt sie zur Arbeit. „Ich habe keine Ahnung, wie ich das in Zukunft machen soll“, sagt sie. Die Reutlingerin steigt in Plieningen in den Bus zum Flughafen. Künftig muss sie sich einen ganz anderen Weg einfallen lassen.

Die SSB gab 2014 bekannt, dass durchschnittlich nur zwei Personen pro Fahrt die Linie benutzen. Aktuell heißt es, dass pro Passagier sechs bis sieben Euro Zuschuss gegeben würde. Das Argument der SSB, dass kaum Bedarf an dem Bus von Plieningen zum Flughafen bestehe, kann Amelie Bufler nicht nachvollziehen. Es hänge von der Uhrzeit ab, wie voll der Bus sei, sagt sie.

Bezirksbeirat übt Kritik

Der Sillenbucher SPD-Bezirksbeirat Ulrich Storz bemängelt, dass die SSB nicht an die Berufstätigen denke, die direkt am Flughafen oder in seiner unmittelbaren Nähe arbeiten. „In Zukunft werden das noch viel mehr werden“, prognostiziert Storz. Er erinnert daran, dass die Wirtschafts- und Unternehmensberatungsfirma Ernst & Young im kommenden Jahr in einem Bürokomplex am Flughafen ihre Deutschlandzentrale eröffnen wird. Die Bedarfsplanung der SSB sei vor diesem Hintergrund zu kurzfristig, kritisiert Storz.

Den künftigen Angestellten des Unternehmens sollte die Stadt stattdessen eine Option bieten, wie sie mit dem Bus umweltfreundlich zur Arbeit fahren könnten, fordert er. „Manchmal schafft auch ein Angebot eine Nachfrage“, sagt der SPD-Bezirksbeirat. Auch die Kunden des künftigen Fernbusbahnhofs sollten aus Sicht des Bezirksbeirats die Möglichkeit haben, mit dem öffentlichen Nahverkehr anzureisen. Der Politiker verweist auf eine interfraktionelle Einigkeit nicht nur der Sillenbucher, sondern auch der Plieninger Bezirksbeiräte. Gemeinsames Ziel sei es, die SSB doch noch zum Umdenken zu bewegen. „Hoffentlich ist das letzte Wort noch nicht gesprochen“, sagt er.

SSB sieht keine Alternative

Gerhard Hütter, Plieninger Bezirksbeirat von SÖS-Linke- Plus, erwartet gleichfalls, dass sich die Plieninger und Sillenbucher Bezirksbeiräte über die Fraktionsgrenzen hinweg gemeinsam gegen die Entscheidung der SSB zur Wehr setzen werden. Diese enttäusche ihn sehr. „Noch im März hat ein Vertreter der SSB den Bezirksbeiräten bei einer Sitzung erklärt, dass Alternativkonzepte in Planung sind“, sagt der Bezirksbeirat.

Die Sprecherin der SSB, Birte Schaper, betont, dass es im Moment solche Überlegungen nicht gebe. Die Erfahrung mit der Buslinie 79 zeige, dass sich eine solche Verbindung nicht rentiere.