Stellt die Mopsfledermaus bei der Hermann-Hesse-Bahn die Signale doch noch auf Rot? Das könnte passieren, wenn eine Klage des Naturschutzbundes Nabu erfolgreich sein sollte.

Calw/Weil der Stadt - Der Landesverband hat beim Verwaltungsgerichtshof Mannheim gegen den ersten sogenannten Planfeststellungsbeschluss zur Hermann-Hesse-Bahn Klage eingereicht, die zukünftig Calw und Weil der Stadt verbinden soll. Ein Vorgehen, das beim Landkreis Calw als Bauträger auf Bedauern und Unverständnis stößt.

 

„Die Reaktivierung der Bahnstrecke würde ein überregional bedeutendes Vorkommen geschützter Fledermäuse gefährden. Obwohl seit Jahren darüber diskutiert wird, ist nach wie vor völlig unbewiesen, dass Bahnbetrieb und Fledermausschutz zu vereinbaren sind“, begründet der Nabu die Klage. „Solange die Betreiber hierfür keine Lösungen vorlegen, hätte unseres Erachtens das Regierungspräsidium Karlsruhe kein grünes Licht für den Bau des ersten Abschnitts geben dürfen“, sagt Hans-Peter Kleemann, der geschäftsführende Vorstand des Nabu Baden-Württemberg.

Der Naturschutzbund klagt nicht nur gegen den von der Karlsruher Behörde genehmigten Streckenabschnitt, sondern gegen die ganze Hermann-Hesse-Bahn. Sei es doch absehbar, dass das Gesamtvorhaben aus naturschutzrechtlichen Gründen nicht wie geplant durchgeführt werden könne. Daher hätte auch der erste Teilabschnitt nicht genehmigt werden dürfen. Da aber genau dies geschehen ist, könnte dort die Umsetzung beginnen. Erste Ausschreibungen des Kreises Calw gebe es bereits.

„Verschwendung von Steuergeldern“

Der Nabu befürchtet, dass damit Tatsachen geschaffen werden, welche die Genehmigungsbehörde und die Gerichte künftig unter Zugzwang setzen. „Natürlich wird sich die Behörde schwerer tun, für einen Teilabschnitt eine Genehmigung zu verweigern, wenn an anderer Stelle bereits ein Tunnel und andere Anlagen gebaut wurden. Das wäre ja eine Verschwendung von Steuergeldern. Daher klagen wir bereits jetzt mit Blick auf das Gesamtprojekt“, sagt der Nabu-Chef Kleemann. Der Naturschutzbund hatte bereits im Januar 2015 auf die ungelöste Fledermausproblematik hingewiesen. „Wir bedauern diese Klage und hätten sehr viel lieber einvernehmlich nach einer Lösung gesucht“, sagt Kleemann. Nach dem Beschluss des Regierungspräsidiums bliebe jetzt nur noch der Klageweg.

Grundsätzlich begrüßt der Naturschutzbund, dass der öffentliche Nahverkehr zwischen Calw und Weil der Stadt gestärkt werden soll, fordert die Verantwortlichen jedoch auf, Alternativen zu finden.

Nach Angaben des Nabu hat ein Gutachter bereits 2011 in zwei alten Bahntunneln zwischen Ostelsheim und Calw ein bedeutendes Fledermausvorkommen festgestellt: Mindestens elf verschiedene Arten hätten dort ihr Winterquartier. Darunter Arten wie die Mopsfledermaus, die vom Aussterben bedroht und geschützt sind.

Der Nabu hat seine Klage noch nicht begründet. Für die Einreichung der detaillierten Klagebegründung hat die Organisation eine Fristverlängerung bis April 2017 beantragt, weil erst dann die Ergebnisse einer weiteren, in diesem Jahr begonnenen Fledermausuntersuchung vorliegen sollen.

Kreisbehörde setzt auf Fledermausmonitoring

Diese Ergebnisse will der Nabu in jedem Fall abwarten. Über den Antrag zur Fristverlängerung wird das Gericht entscheiden. Bis zur letztendlichen Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes Mannheim sei der Planfeststellungsbeschluss nicht rechtskräftig, erklärt der Nabu. Das Calwer Landratsamt kommt zu einer anderen Bewertung: „Wir gehen davon aus, dass der Beschluss des Regierungspräsidiums rechtskräftig ist“, erklärt die Pressesprecherin Anja Härtel auf Anfrage unserer Zeitung. „Die Genehmigungsbehörde hat festgestellt, dass keine unüberwindbaren Hindernisse vorliegen.“

Den Vorwurf, die Kreisbehörde habe den Schutz von Fledermäusen nicht im Auge, will die Sprecherin nicht auf sich sitzen lassen. „Das ist definitiv nicht der Fall“, sagt sie und verweist auf ein „Fledermausmonitoring“, das der Kreis durchgeführt habe.

Bei diesem Verfahren werden die Tunnelausgänge bis auf eine kleine Luke vergittert. Wenn die Säugetiere dort durchfliegen, kann die Anzahl und die Art der Fledermäuse festgestellt werden. Die Ergebnisse dieses Monitorings werden gerade ausgewertet.

Im Calwer Landratsamt bleibt man jedenfalls gelassen. „Die Genehmigung des Regierungspräsidium bezieht sich auf einen Abschnitt“, erklärt Anja Härtel. Und der habe nichts mit den Tunneln zu tun.

Grundsätzlich sei das Genehmigungsverfahren nicht so schwierig wie bei einem Neubau, betont die Behördensprecherin. Schließlich sei die Strecke zwischen Calw und Weil der Stadt bereits vorhanden, werde also nur saniert und nicht neu gebaut.