Der Regierungspräsident hat die Calwer Passage unter Denkmalschutz gestellt. Investor Ferdinand Piëch hat sie trotzdem gekauft – und will die Entscheidung bei seinen Plänen berücksichtigen.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Im Umgang mit Kulturdenkmalen muss Bürgermeister Matthias Hahn derzeit an mehreren Fronten kämpfen: Der IBM-Hauptverwaltung droht der Abriss, der Villa Berg der Verfall. Gestern aber, kurz vor dem langen Pfingstwochenende, haben Hahn gleich zwei positive Nachrichten erreicht, die beide die Calwer Passage betreffen. Erstens: Regierungspräsident Johannes Schmalzl hat die Passage unter Denkmalschutz gestellt. Sie kann deshalb nicht mehr einfach beseitigt werden. Zweitens: Die Württembergische Lebensversicherung hat das Ensemble jetzt an den Investor Ferdinand Piëch verkauft. Man wolle die Passage in Absprache mit der Stadt und dem Denkmalamt weiterentwickeln, hieß es am Freitag in der Piëch Holding GmbH.

 

Schon am 7. Mai hat das Regierungspräsidium Stuttgart, wie jetzt bekannt wurde, die Calwer Passage aus dem Jahr 1978 in die Liste der Stuttgarter Kulturdenkmäler aufgenommen. Laut Hahn steht nicht nur das Dach und die Stahlkonstruktion, also die Passage an sich, unter Schutz. Der Übergang zu den denkmalgeschützten Häusern der Calwer Straße, die teilweise aus dem 18. Jahrhundert stammen, gehöre ebenfalls dazu.

Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart

Zur Theodor-Heuss-Straße hin seien hingegen lediglich die Gebäudeteile bis zur ersten Stützreihe als schutzwürdig deklariert worden. Das heißt: die Schaufensterfront der Passage und die Eingangsbereiche der Läden müssen erhalten werden. In der Tiefe der Läden dagegen ist der Eigentümer in seinen Plänen frei. Schon im Städtebauausschuss vor wenigen Tagen hatte der Baubürgermeister dem Eigentümer dazu eine Brücke gebaut: Der Platz nach hinten zur Heuss-Straße könne gerne besser ausgenutzt werden, hatte er gesagt.

Am späten Freitagnachmittag hat zudem die Württembergische Lebensversicherung vermeldet, dass sie das gesamte Gebäudeensemble an die Gesellschaften R 20 GmbH & Co. KG sowie CS GmbH veräußert habe, die zur Ferdinand Piëch Holding GmbH gehören. Bei Abschluss des Kaufvertrages war anscheinend noch nicht klar gewesen, dass der Denkmalschutz kommen würde. Denn in der Mitteilung heißt es ausdrücklich, dass die Gebäude „unabhängig vom Ausgang der denkmalpflegerischen Prüfung“ an den Käufer übergehen würden. Es wurden aber wohl zwei Kaufpreise vereinbart, je nach Entscheidung des Regierungspräsidiums.

Die Häuser mit den braunen Fassaden an der Ecke zum Rotebühlplatz gehören ebenfalls zu dem Ensemble: Sie könnte der neue Eigentümer auch abreißen lassen. Laut der Württembergischen entfallen auf die Calwer Passage selbst 1300 Quadratmeter, auf die Handels-, Büro- und Wohnflächen dagegen 8500 Quadratmeter. Der Denkmalschutz ist also nur in kleinen Teilen ein zusätzliches Kriterium bei der Entwicklung des Areals.

Calwer Passage gilt als bedeutende architektonische Innovation

Die Calwer Passage gilt als eine überaus gelungene Verbindung von historischen Gebäuden und moderner Architektur. Der Stuttgarter Architekturprofessor Franz Pesch hatte sie vor kurzem als „eine bedeutende Innovation“ bezeichnet. Die Diskussionen über deren Zukunft dauern schon seit vielen Jahren an, zumal auch die Frequenz der Läden zu wünschen übrig gelassen hat. Die Verkaufsgespräche waren aber unterbrochen worden, weil man eigentlich zunächst die Entscheidung der Denkmalbehörden hatte abwarten wollen.

Dass Ferdinand Piëch das Ensemble gekauft hat, ist für Matthias Hahn ein gutes Zeichen. Piëch sei zwar auch Geschäftsmann, habe aber Sinn für Denkmäler. In vielen anderen Projekten habe man vertrauensvoll mit ihm zusammen gearbeitet. Das Unternehmen betreibt zum Beispiel das Feinkostgeschäft Böhm in Stuttgart.