Fritz Kuhn hat sich im Städtebauausschuss vorgestellt und dafür Lob erhalten. Der Oberbürgermeister findet nach eigener Aussage die Arbeit des Gremiums, in dem neben Stadträten sachkundige Einwohner sitzen, wichtig.

Stuttgart - Fritz Kuhn ist am Dienstag erstmals im Städtebauausschuss gewesen und hat Lob erhalten. Der OB findet nach eigener Aussage die Arbeit des Gremiums, in dem neben Stadträten sachkundige Einwohner sitzen, wichtig. Er sei auf Kritik angewiesen, um zu guten Lösungen zu kommen. Damit unterscheidet er sich von seinen Vorgängern. Selbst altgediente Ausschussmitglieder konnten sich nicht erinnern, je die Möglichkeit erhalten zu haben, sich in der Sitzung mit dem Stadtoberhaupt auseinanderzusetzen.

 

Kuhn sprach kurz und knapp diverse Themen an: So habe er Interesse, dass der beratende Städtebauausschuss früher über die wichtigen Themen diskutiere – und nicht erst, wenn alles beschlossen sei. Er wiederholte seine Kritik, dass es zu viele große Einkaufszentren gebe. Er habe die Sorge, dass sich Teile der Innenstadt in B-Lagen verwandeln könnten – „und das Milaneo gewinnt in Cannes noch Preise“. Der OB sagte, er frage sich, wie es gelingen könnte, die Region besser zu steuern. So entstünden Stuttgarts Verkehrsprobleme durch die vielen Einpendler, ohne dass er alleine etwas dagegen tun könne. Die SSB hätten etwa die Filder hervorragend erschlossen, doch die Gewerbesteuer der dort entstandenen Gebiete erhielten andere Kommunen. Das würde sogar für die Messe gelten, wäre sie eines Tages profitabel. Kuhn sagte, bei der energetischen Sanierung hinke Stuttgart den Erwartungen hinterher. Da man sich „Effizienz und Energieeinsparung auf die Fahnen geschrieben“ habe, sei „die Zeit der Ausreden vorbei“, sprich: Ästhetische Argumente von Hausbesitzern, um sich vor einer energetischen Sanierung zu drücken, lasse er nicht gelten. Mit dem Ausschuss war er sich einig, die Stadt näher an den Neckar heranrücken zu lassen. Dies solle in kleinen Schritten geschehen. Er erkenne einen Wettbewerb der Fraktionen, die „ganz wild auf dieses Thema sind“.

Eiermann-Campus: OB Kuhn macht sich Sorgen

Ein zentrales Thema war die Zukunft des Eiermann-Campus: Die seit Jahren leer stehenden IBM-Gebäude, immerhin rund 40 000 Quadratmeter Geschossfläche auf 20 Hektar Grund, drohen zu verfallen, falls die Insolvenzverwalter keinen Käufer finden. Sollten sie allerdings fündig werden, droht der Abriss, wogegen sich die Stadt aus Gründen des Denkmalschutzes aber wehrt. Er mache sich „größte Sorgen“, sagte Kuhn. Aber nur, „weil sich einer verspekuliert hat, kann man nicht einfach den Denkmalschutz außer Kraft setzen“.

Er werde mit dem Kämmerer Michael Föll und Baubürgermeister Matthias Hahn eine Lösung suchen, versprach der OB. Wenigstens habe es nun ein Gespräch mit den Verantwortlichen aus Hamburg gegeben, um die Chancen auszuloten, referierte Matthias Hahn. Er meint, am Grundstücksrand wären weitere Gebäude möglich; so könnte die Wirtschaftlichkeit des Projekts gesteigert werden. Die vier Pavillons könnten auch getrennt bespielt werden. Es gehe nun darum, Zeit zu gewinnen. Bekanntlich hat der Insolvenzverwalter angekündigt, das Gelände Ende Juni aufzugeben. Die Stadt plädiert für eine Zwangsversteigerung; sie sei wegen Steuerschulden Gläubigerin, betonte Hahn.

Dem Architekt und Stadtplaner Franz Pesch zeigt das Beispiel, „wie zerstörerisch Spekulation sein kann“. Er sagte, er könne sich eine Nachnutzung durch die Uni Stuttgart vorstellen, die in Vaihingen aus allen Nähten platze. Seine Mitstreiter im Ausschuss waren sich mit ihm einig, dass die Stadt alles dafür tun müsse, das Gebäudeensemble zu erhalten. Übereinstimmung herrschte auch in der Ansicht, dass eine intensive Nutzung als Büro- und Wohnungsstandort einen Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr brauche. Die IBM hatte voll aufs Auto gesetzt – deshalb gibt es am Standort beim Stuttgarter Kreuz auch Parkplätze für einige Tausend Mitarbeiter.

Calwer Passage wird zum Denkmal

Erklären musste sich im Ausschuss der CDU-Fraktionschef Alexander Kotz, der einen Abriss für denkbar bezeichnete. „Politik beginnt mit der Betrachtung der Realität“, so Kotz. Man habe doch nichts davon, „das Gebäude 20 Jahre leer stehen zu lassen“. Man dürfe den Denkmalschutz nicht über alles stellen.

Bei der Anfang der 70er Jahre erbauten Calwer Passage ist das der Fall. Der Ausschuss hat zustimmend zur Kenntnis genommen, dass die Landesdenkmalbehörde dabei ist, die Passage vor dem Abriss zu retten, den der Eigentümer offenbar plant. Dafür spreche die Entmietung von Läden und Wohnungen, sagte Hahn. Die Passage sei „eine bedeutende Innovation“ gewesen, erinnert sich Franz Pesch – auch wenn sie falsch platziert sei. Ein Investor sei nicht gehindert, die Flächen zur Heussstraße auszunutzen, baut Hahn eine Brücke. Die Calwer Passage, so hieß es, sei ein Paradebeispiel, „wie wir in der Stadt mit unseren bedeutenden Gebäuden umgehen“.