Auf dem Campingplatz am Wasen gibt es ungewöhnliche Schlafplätze. Drei Holzfässer stehen dort seit März. Wie es sich in den ungewöhnlichen Behausungen schläft, haben die Redakteurinnen Annina Baur und Maira Schmidt ausprobiert.

Bad Cannstatt - Die Redakteurinnen Annina Baur und Maira Schmidt haben eine Nacht auf dem Cannstatter Campingplatz verbracht. Nicht etwa im Zelt, sondern im Fass. Drei solcher Holzfässer gibt es auf der Anlage am Wasen seit März. Sie können für eine oder mehrere Nächte gemietet werden. 25 Euro kostet das pauschal, dazu kommen Kosten je nach Personenzahl und ein Abschlag für Strom, Bettwäsche (falls gewünscht) und gegebenenfalls noch Parkgebühren.

 

Annina Baur: Mit gemischten Gefühlen packe ich an diesem Morgen meine Tasche. Neben Block, Stift, Handy und Kamera muss ich auch Zahnbürste, Schlafanzug und Handtuch mitnehmen. Nach Feierabend geht es nicht nach Hause, sondern auf den Campingplatz.

Maira Schmidt: Camping – das ist normalerweise nichts für mich. Ich möchte auf dem Weg zur Toilette nicht durch eine nasse Wiese stiefeln oder mich am Morgen in die Schlange vor den Duschkabinen einreihen. Trotzdem hat mich die Idee der Kollegin, auf dem Cannstatter Campingplatz zu übernachten, gereizt. Denn ganz ehrlich, wo kann man als Bewohnerin des Weinbezirks standesgemäßer übernachten als in einem Fass.

Annina Baur: Wir haben Glück, dass es mit dem Probeschlafen im Fass geklappt hat: „Die kommenden Wochen sind wir ausgebucht“, sagt Jürgen Kaufmann, der als Geschäftsführer der Neckarparking GmbH auch für den Campingplatz am Cannstatter Wasen verantwortlich zeichnet. Während der Sommerferien seien es vor allem junge Familien mit kleinen Kindern oder Radfahrer, die sich in Bad Cannstatt gerne im Fass einquartierten. Für die Volksfestzeit muss man ohnehin mindestens ein Jahr im Voraus buchen, sowohl im Wohnwagen als auch im Fass.

Maira Schmidt: Dass die Fässer während der Volksfestzeit so begehrt sind, wundert mich nicht. Einmal aus dem Festzelt herausgestolpert, hat man seinen Schlafplatz auch schon erreicht. Für mich gestaltet sich der Weg dagegen mühseliger. Mit dem schweren Rucksack auf dem Rücken kommt mir der Marsch über den Festplatz unendlich lang vor. Aber – unser Schlafdomizil sieht wirklich entzückend aus.

Annina Baur: Obwohl wesentlich günstiger als im Hotel, sind beim Schlafkomfort im Fass auf den ersten Blick kaum Abstriche zu machen. In den circa vier Meter langen Fässern mit einem Durchmesser von 2,20 Metern gibt es ein großes Familienbett, zwei Sitzbänke, Stauraum für Gepäck und einen ausziehbaren Tisch. Einzige Voraussetzung: Man muss seinen Mitbewohner und den intensiven Geruch nach Holz mögen und es gerne kuschlig haben.

Maira Schmidt: Komplett mit Holz verkleidet, erinnert das Fass an eine Finnische Sauna. Während ich mich am Morgen noch über das trübe Wetter geärgert habe, bin ich nun froh, dass wir keine tropische Sommernacht vor uns haben. Muckelig warm ist es in unserer Behausung nämlich schon jetzt. Zum Glück sind es nur wenige Schritte bis zum Wasen-Bistro. Wir müssen den Abend also nicht auf der Bettkante verbringen. Am Nachbartisch wird Französisch gesprochen, eine Familie mit Kindern hat sich dort niedergelassen. Urlaub in Bad Cannstatt, das scheint es wirklich zu geben. Obwohl viele Besucher nur auf der Durchreise sind, wie uns Jürgen Kaufmann verrät. Für uns ist es nun Zeit fürs Bett, also noch schnell die Zähne putzen und dann ab ins Fass.

Annina Baur: Kaum habe ich mich in die rot bezogenen Kissen und Decken gekuschelt, ist es mit der Gemütlichkeit jedoch jäh vorbei. Blitzschnell aber unverkennbar rennt eine dicke, schwarze Spinne an meinem Kopfende des Fasses vorbei. Der Moment der Schockstarre genügt dem Tier, unbemerkt unter die Matratze zu flüchten. Bis wir ein Taschentuch in der Hand halten, um auf die Jagd zu gehen, ist das Corpus Delicti längst über alle Berge – genauso wie meine Müdigkeit verflogen ist, nachdem wir noch einmal erfolglos das ganze Fass nach der Spinne durchsucht haben. Ich verspüre den Drang, fluchtartig das Fass zu verlassen. Einzig mein Pflichtbewusstsein hält mich zurück. Ich kann die Kollegin jetzt nicht allein hier lassen.

Maira Schmidt: Mit der geflüchteten Spinne kann ich gut leben. Mich halten dagegen die vielen ungewohnten Geräusche vom Schlafen ab. Dann fängt es auch noch an zu regnen. Wie Kieselsteine trommeln die Tropfen auf unser Dach.

Annina Baur: Irgendwann übermannt mich die Müdigkeit dann doch und es reicht zumindest noch für ein paar Stunden Schlaf. Als der Wecker klingelt, stellt sich dennoch eine gewisse Erleichterung ein: Noch einmal schnell alle Taschen ausgeschüttelt und raus aus dem Fass – der Riesenspinne möchte ich am frühen Morgen nicht noch einmal in die Augen schauen.

Maira Schmidt: Auf mich wartet die größte Herausforderung dieses Ausflugs noch: der Weg zu den Duschen. Also Fass-Tür auf, den Regenschirm aufgespannt und in Flip-Flops und Schlafanzug über den Campingplatz. Die relativ neuen und gut gepflegten Sanitäreinrichtungen entschädigen mich aber für diese Strapazen. Dass es am Campingplatz-Kiosk dann auch noch einen frischen Kaffee gibt, stimmt mich noch versöhnlicher. Zum Camping-Urlauber werde ich wohl nie, aber eine Nacht im Fass, das hat schon was.