Seit einem Jahr wohnt unser Campuskind mittlerweile in Stuttgart. Doch sie lässt es sich nicht nehmen, mit dem Touristenbus durch Stuttgart zu düsen und als Tourist getarnt noch einmal die Stadt neu kennenzulernen - auf Schwäbisch.

Stuttgart - Wenn man als Student in eine neue Stadt zieht, dann fühlt man sich ein bisschen wie ein Tourist. Man läuft mit großen Augen durch die verschiedenen Stadtviertel und versucht, sich alles einzuprägen. Alles aufzunehmen, richtig zu erleben und am besten noch mit einer Kamera festzuhalten. Wie ein richtiger Tourist eben – aber nicht wie die Deutschen im Ausland. Ohne weiße, hochgezogene Tennissocken, mit einem Brustbeutel bestückt und am besten nur im weißen Rippunterhemd. Nein, nicht so. Aber eben doch wie jemand, der die Stadt noch nicht kennt und sie gerne kennenlernen will. Zwar wohne ich mittlerweile schon seit einem Jahr in Stuttgart und glaube, die Stadt ganz gut zu kennen, aber der Schein kann ja auch trügen.

 

Lasset die Reise beginnen

Ich sitze also in einem dieser Touristen-Busse und fahre durch Stuttgart. Der rote Doppeldeckerbus, der mich so an London erinnert und bei dem ich am liebsten immer ganz vorne sitze. Der mit dem Hop-on-Hop-off-Prinzip, bei dem die Mitreisenden immer aus dem Bus hüpfen können, sobald sie eine Sehenswürdigkeit genauer besichtigen wollen. Aber das lasse ich heute bleiben. Mit dabei ist nur meine Kamera, die um meinen Hals baumelt, und mit der ich alles einfange, was ich nach einem Jahr noch nicht gesehen habe. Ich muss sagen, dass das, was am wenigsten in meinem Kopf verankert ist, doch die Sprache hierzulande ist. Und so kommt es mir sehr gelegen, dass man die Stadttour neben Englisch, Italienisch und zahlreichen weiteren Sprachen auch auf Schwäbisch machen kann. Also wenn schon Stuttgart, dann auf schwäbisch.

Sodele, dann wollen wir also mal starten. Auf geht die Reise, an deren Ende ich Stuttgart hoffentlich besser kenne als die meisten Einheimischen. Und vielleicht klappt es nach zwei Stunden durchgängig Schwäbisch auf den Ohren ja auch endlich mit der Sprache. Des wär subber.

Von Station zu Station fühle ich mich immer mehr wie ein Tourist, der zum ersten Mal nach Stuttgart kommt. Alles, was ich bis jetzt über mein neues Zuhause wusste, scheint mir plötzlich entfallen. Und stattdessen habe ich lauter Touristenwissen im Kopf. Vergessen die zahlreichen Nächte in der Fußgängerzone, in den coolsten Clubs und Bars. Vergessen sind plötzlich auch die unzähligen Kilometer, die ich schon mit der Bahn oder dem Bus durch diese Stadt gereist bin.

Und plötzlich war ich nur noch ein Tourist

Im Touristen-Bus zählt nur das, was Touristen wissen müssen. Die Königstraße zum Beispiel ist die längste zusammenhängende Fußgängerzone Europas und in Bad Cannstatt wurden der BH, das Mineralwasser und die Schokolade erfunden. Wie konnte ich das bloß vorher nicht wissen? Da hab ich es also: Ich bin wirklich keinen Deut besser als die ganzen Touristen, die auf die gleiche Weise Stuttgart erkunden wollen. Vielleicht sollte ich mir doch mal weiße Tennis-Socken zulegen. Und bis das mit dem Schwäbisch klappt, einfach als Touristin getarnt durch Stuttgart streifen.

Und dann, irgendwann, da werde ich sie alle überraschen. Als Norddeutsche mit meinem Insiderwissen aus der Stuttgart-Rundfahrt und ein bisschen Schwäbisch auf der Zunge. Nicht übertreiben, einfach ein paar schwäbische Worte. Denn: A bissle isch emmer no besser wia gar nix.