Irgendwann einmal 20 Jahre alt werden - an sich ist das ja nichts Außergewöhnliches. Doch für unser Campuskind bedeutet das viel mehr, als dass die Nummer Zwei plötzlich vorne steht.

Da ist sie also, die Nummer Zwei in meinem Leben. Und zum ersten Mal steht jetzt sie jetzt ganz vorne in der Reihe. Sie löst die altbewährte Eins ab, die mich nun zehn Jahre lang begleitet hat. So ist das nun einmal mit dem  Älterwerden. Aber irgendwie habe ich das Gefühl, dass das an mir so ein bisschen vorbeigeht.

 

Schon als ich vor zehn Jahren (OH MEIN GOTT, ES IST SCHON ZEHN JAHRE HER?!!) in der fünften Klasse war und zu den Abiturienten aufschaute, da kamen sie mir so unglaublich bewundernswert und erwachsen vor. Als ich dann selbst Abitur gemacht habe, habe ich mich nicht so gefühlt. Im Gegenteil – ich war zwar stolz und überglücklich, aber das jahrelang ersehnte Gefühl blieb aus. Stattdessen war ich traurig, dass die Zeit nun vorbei war. Die Zeit, die so lange vor mir lag und einen großen Teil meines Lebens in Anspruch genommen hatte.

Damals war alles anders

Ich hätte mich gerne in meine Gefühle der fünften Klasse zurückversetzt. Aber Wiebke als Fünftklässlerin, das passt nicht in den aktuellen Trend. Es könnte daran liegen, dass einige Fünftklässlerinnen heutzutage schon die Reife einer Abiturientin haben. Zwölfjährige Mädchen werden für 20 gehalten und schminken sich auch so. Wenn ich daran denke, wie ich mit zwölf Jahren war, dann fällt mir dieser eine dunkelblaue Pulli ein. Er hatte ein Pferd aufgenäht, das in einem Stall stand und die Stalltür konnte man dank eines Klettverschlusses immer wieder öffnen und schließen – ist das nicht super cool?

Jetzt steht die Zwei offiziell vorne. Noch zehn Jahre bis ich meinen besten Freund heirate, weil ich mit 30 Jahren immer noch keinen Mann gefunden habe. Ich stehe mitten zwischen meinen Gedanken, sehe ein kleines blondes Mädchen, mit Zahnlücken und Pippi-Langstrumpf-Zöpfen und außerdem eine erwachsene Frau, von der ich absolut nicht weiß, wie sie aussehen wird. Aber das liegt ja in der Natur des Menschen, dass er sich eben an die Vergangenheit erinnern, aber leider nicht in die Zukunft schauen kann.

Was die Zwei so alles anstellt

Diese Zwei stellt mich vor ein paar Probleme. Seit meinem achtzehnten Geburtstag habe ich das Problem, dass ich mich immer noch für genauso alt halte. Auf die Frage, wie alt ich bin, kommt erst nach langem Überlegen die 19 aus meinem Mund. Wie  soll das denn mit der 20 erst werden? Und außerdem ist es jetzt auch kein Kompliment mehr, wenn ich dann ausnahmsweise mal für 20 gehalten werde. Schade. Womit sollen die Männer denn dann punkten?

Leider gibt es keine Geburtstagskarten mit einer 20 drauf, sagt meine Mutter. 18, ja. Aber dann geht das Leben scheinbar erst wieder ab 30 los und dann so richtig! Alle 10 Jahre ein Jubiläum: 40, 50, 60, 70 Jahre und so weiter. Fakt ist, dass die 20 unbedeutend scheint, für mich allerdings eine große Rolle spielt. Sie bringt mich weiter weg von dem kleinen Mädchen, das ich einmal war. Von Pferdepullis, Diddl-Stickern und Unbeschwertheit. So kitschig sich das auch anhören mag, da werde ich wirklich ein bisschen sentimental. Aber das darf man mit 20 Jahren ja wohl sein.

Der Weg zum Erwachsenwerden

Als ich vor vier Jahren 16 wurde, da durfte ich endlich in die Disco gehen. Natürlich nur mit einer volljährigen Person dabei und auch nicht in alle, aber ich durfte es. Genauso wie Sekt oder Bier im Supermarkt kaufen und endlich einen Personalausweis besitzen. Ich war offiziell aus der Pubertät raus (zumindest vom Alter her gesehen). Die zwei Jahre bis ich dann endlich 18 wurde fieberte ich auf den Geburtstag hin. Und dann: Abifahrt nach Calella und klein Wiebke wurde endlich 18. Ja und plötzlich fand ich es zwar cool, endlich alle Clubs besuchen zu können. Es gefiel mir wirklich allein Auto fahren zu dürfen (Mama, du warst trotzdem die beste, wenn auch ein wenig hysterische, Begleitperson, die man sich nur wünschen kann) und irgendwie frei zu sein. Aber ich muss zugeben: Die Vorfreude darauf war schöner als die Freude an sich dann letztlich war.

Jetzt werde ich 20. Gefreut habe ich mich vorher nicht sonderlich darauf, also wird die Freude am Geburtstag dann vielleicht umso größer. Aber dieses Mal kommt nichts dazu: Kein Personalausweis, kein Eintritt in andere Discos. Nur die Zwei, die kommt dazu. Und die verändert alles. Adios, Pferdepulli. Das ist jetzt Aufgabe meiner kleinen Schwester. Vielleicht ist es jetzt Zeit erwachsen zu werden.