Zum Muttertag schreibt unser Campuskind eine Kolumne über das Leben alleine - und wie ihre Mutter sie darauf vorbereitet hat.

Stuttgart - Wir Studenten sind alle mehr oder weniger selbstständig. Die einen wohnen noch daheim und können sich nicht wirklich alleine durchschlagen, aber dann gibt es auch die, die fernab von Mutti wohnen. Und dann muss man sich eben beweisen. Als ich nach dem Abitur ein Jahr in Italien verbrachte, war das der ultimative Beweis, ob ich reif genug wäre, um alleine klarzukommen. Und ich habe den Test bestanden. Während meines Auslandsjahres gab es weder unnötige Verletzungen noch irgendwelche Autounfälle. Stattdessen war ich bereit für das Leben alleine. Das dachte ich zumindest.

 

Denn kaum war ich aus dem Ausland wieder da, fuhren meine Eltern für zwei Wochen in den Urlaub. Da ich ja bereits bewiesen hatte, dass ich gut alleine klar kommen würde, machte sich niemand großartig Gedanken, geschweige denn Sorgen. Also fuhren meine Eltern weg und ich blieb allein zurück. Mit dem Auftrag, doch bitte die Blumen zu gießen. Das Auto durfte ich freundlicherweise auch behalten.

Wiebke allein Zuhaus

Als sie weg waren fuhr ich zum Friseur. Wenn man schon ein Auto hat, dann kann man es ja auch benutzen. Auf dem Rückweg fing es allerdings ziemlich stark an zu regnen. Und jeder lernt in der Fahrschule, dass das gefährlich sein kann. Also sind erhöhte Aufmerksamkeit und Bremsbereitschaft gefragt – und ich war sowas von bereit. Doch da blickte ich plötzlich in meinen Rückspiegel und fragte mich, ob die Frau in dem Wagen hinter mir denn nicht langsam mal bremsen wollte. Nein, wollte sie nicht. Stattdessen fuhr sie mir geradewegs hinten auf. Juhuuu, ein Tag allein mit dem Auto und gleich einen Unfall. Und was jetzt? Ich war mit der Situation total überfordert.

Also erstmal Mama anrufen: „Mama, Hilfe, Unfall. Was soll ich machen?“ Meine Mutter riet mir, mich erstmal zu beruhigen und dann die Polizei zu kontaktieren. Doch mein Freund und Helfer sagte, wenn es keine Verletzten gäbe, dann würden sie nicht extra kommen. Na super. Und plötzlich war ich wieder unreif und nicht imstande alleine klar zu kommen. Mama fehlte, mein wahrer Freund und Helfer.

Die Formalitäten regelten wir dann irgendwie und mein nächster Auftrag war es, das Auto in die Werkstatt zu fahren, um es überprüfen zu lassen. Da sind wir nochmal mit einem blauen Auge davon gekommen – nur ein paar Kratzer, sonst nichts. Und ich war ja froh, dass mir nichts passiert war. Zumindest an dem Tag.

Und dann kam die Brotdose

Einige Tage später hatte ich dann eine etwas unkoordinierte Begegnung mit einer Tupperdose. Ich stieg vom Sofa auf eine Brotdose, knickte um und brach mir einen Knochen im Fuß. Klingt blöd, war es auch. Ein Gefühl zwischen Lachen und Weinen machte sich breit. Und von da an war ich gar nicht mehr selbstständig. Mein bester Freund musste mich zum Arzt fahren, meine beste Freundin für mich einkaufen. Und wer fehlte? Mama, mein Freund und Helfer. Leider haben die Blumen die zwei Wochen des Urlaubs nicht allzu gut verkraftet – die Aufgabe sie zu gießen ist über dem Chaos doch glatt untergegangen.

Seitdem ich allerdings in Stuttgart wohne, da klappt es plötzlich wieder. Keine Unfälle, keine Verletzungen und keine Dramen. Ich kann mich mit leckerem Essen versorgen, weil meine Mama mir gezeigt hat, wie man kocht. Ich weiß, wie man Wäsche wäscht, welches Teil wie viel Grad verträgt und wie ich die Klamotten dann anschließend richtig zusammenlege. Ich weiß, wie ich meine Finanzen regele und dass ich mir auch manchmal ein bisschen Zeit zum Entspannen gönnen muss.

Mama, ich weiß so viel dank dir. Und sogar meine Blumen, die leben noch. Ich weiß ja schließlich, wie man sie gießt, und habe das wohl nur für zwei Wochen vergessen.

Eigentlich kann ich alles, was ich zum Überleben brauche, und solange sich mir keine Tupperdosen in den Weg stellen, kann ich das auch beweisen. Test Nummer zwei bestanden – aber nur dank Mama. Was wäre ich bloß ohne dich?