Wenn die Tagesgäste gehen und das Abendpublikum vor den Eingängen wartet, ist im Bierzelt Eile geboten. Es läuft, von verstopften Gassen kann keine Rede sein, dafür sorgt ein Luftballon für erhebliche Probleme.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Wenn es am schönsten ist, sollte man gehen. Nun lässt sich ja über Geschmack – gerade auch bei Wasenhits – bekanntlich trefflich streiten. Ob es nun logisch ist, dass die Band in Peter Brandls Fürstenbergzelt nicht gleich nach dem größten Partykracher der vergangenen Saison, dem unvermeidlichen Helene-Fischer-Song „Atemlos“ aufhört, sei dahingestellt. Die älteren Damen – also so um Mitte 30 – freut es sicherlich, dass die Musiker da noch zwei, drei Hits draufsetzen und mit Robbie Williams’ Kuschelschnulze „Angels“ erst den Kehraus einläuten. Nicht ohne noch einmal den Chef Peter Brandl zum Abschluss der ersten Feierschicht auf die Bühne zu bitten. Dann werden die Spielregeln erklärt, und es ist erst mal Schluss.

 

Jeder packt beim Schichtwechsel mit an

Es ist Schichtwechsel im Zelt. Die Tagesgäste gehen, das Abendpublikum kommt. Hinten zum Neckar raus, an den Seiten dürfen die neuen Gäste rein, dazwischen liegen 45 Minuten. So hat es die Mannschaft von Peter Brandl organisiert, und es läuft wie am Schnürchen. Die Musiker packen ein, die Gäste verlassen heiter bis bierselig taumelnd das Zelt.

„Wir haben nicht viel Zeit, aber alle packen an, und es läuft“, sagt Brandl. Zufrieden schaut er von der Empore auf sein Zelt. „Ich mache das aus Überzeugung, ich bin Wirt mit Leidenschaft“, fügt er hinzu. Seit 90 Jahren gibt es den Familienbetrieb, seit zehn Jahren schlägt Brandl sein Zelt auf dem Wasen auf.

Zwar ist beim Wechsel schon immer Eile geboten und Maßarbeit angesagt, doch in diesem Jahr kommt am Wochenende eine neue Regelung dazu, die erst recht Pünktlichkeit erfordert: Drei Zelte an der B-Straße, eine der langen Gassen, haben gestaffelt Auslass. Damit reagieren Veranstalter und Wirte auf eine gefährliche Situation im vergangenen Herbst. Am 3. Oktober musste das Wasengelände wegen Überfüllung geschlossen werden. Einer der Faktoren: gleichzeitig strömten die neuen Gäste aufs Gelände und die anderen, die bereits fertig gefeiert hatten, aus den Zelten. Nichts ging mehr, die Menschenmassen flossen nur zäh über das Gelände am Fluss. Das wohlgeordnete Schauspiel, das nun beginnt, sieht kompliziert choreografiert aus, doch „jeder packt da an, wo er sieht, dass er gebraucht wird“, beschreibt der Chef den Plan. Jeder, das sind 90 Bedienungen, die ihre Station im Blick haben, 35 Sicherheitsleute und 25 Angestellte, die das ganze Jahr über zum Team gehören.

Von verstopften Gassen kann keine Rede sein

XXL steht auf den Putzmittelflaschen, mit denen die Serviceleute ausrücken. Es macht pfft, pffft, pfft, ein paar Spritzer davon auf die Bänke, erst auf einer Seite hochstellen, abwischen, rauskehren, Bänke hoch, zusammenfegen. Akkordarbeit wird geleistet. Ein Helfer eilt mit einer Schneeschaufel herbei, um den Kehricht in große Müllsäcke zu befördern. Die durchschnittlich reinlich veranlagte Hausfrau hält es kaum für möglich, doch 45 Minuten später sieht es im Zelt aus, als wäre nichts gewesen – nur das leicht klebrige Grundgefühl auf dem Boden, das allen Bierzelten zu eigen ist, bleibt.

Zeit für einen Blick nach draußen: die   Grüppchen mit ihren Reservierungsbändern stehen an den neuen Seiteneingängen, die Tagesschicht ist abgezogen – bis auf diejenigen, die sich beim Verlassen des Zeltes nicht mehr auf den Beinen halten können. Als Nächster macht Göckelesmaier Schichtwechsel. Es läuft, von verstopften Gassen kann keine Rede sein. Knapp eine Million Besucher sollen von Freitag bis Sonntag schon da gewesen sein, meldet In Stuttgart – traurige VfB-Fans nach Spielende mitgezählt.

Luftballon fliegt in Oberleitung

Nicht überall geht es ruhig zu an diesem ersten Wochenende. So stockt es bei der Heimreise, als mal wieder ein Luftballon aus Metallfolie in Bad Cannstatt am Samstag gegen 19 Uhr in die Oberleitung fliegt. Eine Stellwerksstörung und eine im Tunnel kurz vor der Station Schwabstraße liegen gebliebene S-Bahn, die evakuiert werden musste, waren die Folgen. Von 20.30 Uhr an lief der Verkehr wieder, Verspätungen gab es aber bis spät in den Abend.

Die Polizei meldet neben „dem Üblichen“ – sprich kleinen Raufereien – eine heftige Schlägerei. Zwei Männer wurden gegen 15.45 am Parkplatz P10 von einer sechsköpfigen Gruppe angegriffen. Die Männer im Alter von 16 bis 22 Uhr schlugen und traten ihre Opfer und warfen ein Absperrgitter auf sie. Die Polizei bittet Zeugen, sich unter 89 90-57 78 zu melden.