Wurstplatte statt Regierungsangelegenheiten - zu einer besonderen Kabinettssitzung war die baden-württembergische Landesregierung am Freitag zusammengekommen. Auf dem Cannstatter Wasen stießen die Minister und Ministerinnen auf ihre erfolgreiche Zusammenarbeit an.

Stuttgart - Am Ende wird aus der grün-schwarzen Zweckehe in Baden-Württemberg doch eine Liebesbeziehung. Zumindest konnte dieser Eindruck entstehen, als Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und CDU-Fraktionsvorsitzender Wolfgang Reinhard am Freitag die Köpfe vertraulich zusammensteckten - eingerahmt von roten Rosen, Stoffherzen und Teddybären. Die Landesregierung war zu einer ungewöhnlichen Kabinettssitzung auf dem Cannstatter Volksfest zusammengekommen. Statt über Regierungsangelegenheiten beugten sich die Minister und Ministerinnen in der Loge des Festzelts „Sonja Merz“ über eine rustikale Wurstplatte und prosteten sich zu. Justizminister Guido Wolf hakte sich bei Kultusministerin Susanne Eisenmann (beide CDU) ein, während Reinhard Fotos mit dem Handys machte.

 

Lässt es sich mit den neuen Koalitionspartnern wirklich ebenso gut schunkeln, wie mit der SPD, mit der Kretschmann die letzten fünf Jahre zusammen regiert hatte? „Das wird sich heute noch rausstellen“, war der Ministerpräsident überzeugt. Das rote Hemd, das er unter dem Janker trug, war dann auch nicht der alten Liebe SPD gewidmet. „Das trage ich wegen des VfB“, verriet er. Der Stuttgarter Fußballverein spielte am Abend gegen Bochum.

Rendezvous auf dem Stuttgarter Wasen

Innenminister und Vize-Regierungschef Thomas Strobl (CDU) betonte: „Gemeinsam zu Feiern gehört auch zum persönlichen Kennenlernen.“ Er hatte sich neben Finanzministerin Edith Sitzmann (Grüne) gesetzt, die im Dirndl gekommen war. „Vielleicht springen ja ein paar mehr Polizisten im nächsten Haushalt raus“, hoffte er. Sitzmann entgegnete: „Alle wollen immer nur das eine von mir - Geld.“

Kretschmann war direkt vom Flieger aus Berlin zu dem Rendezvous auf dem Stuttgarter Wasen geeilt. Am Morgen noch hatte er an der Bundesratssitzung in der Hauptstadt teilgenommen. „Ich bin froh, den Berliner Trubel hinter mir zu lassen“, sagte er. Als Entschädigung bekam er dann auch die erste Maß überreicht, frisch gezapft von Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne), der mit vier Schlägen auf den Zapfhahn das 171. Cannstatter Volksfest am Nachmittag eröffnet hatte. „Sehr gut, so ein frisches Bier“, lobte Kretschmann.

Bis zum 9. Oktober erwarten die Veranstalter des Cannstatter Volksfestes bis zu vier Millionen Besucher. Damit ist es deutlich kleiner als das Oktoberfest, zu dem meist sechs Millionen Menschen kommen. Die Maß kostet dieses Jahr zwar auch auf dem Wasen über zehn Euro, ist aber immer noch günstiger als auf der Münchner Wiesn. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden an beiden Orten erhöht. An den Wasen-Zugängen stehen doppelt so viele Beamte wie sonst.