In sieben Wochen geht es wieder los: Auf dem Wasen laufen die Vorbereitungen zum 170. Cannstatter Volksfest auf Hochtouren. Fast alle Bierzelte werden schon aufgebaut. Seit dieser Woche steht auch die Fruchtsäule.

Stuttgart - Mit den Spatzen hat der Gärtner Rainer Locher nicht gerechnet. Auch leere Bier- und Wodkaflaschen fand er in der hohlen Fruchtsäule, als er vor einigen Tagen damit anfing, sie zu schmücken – im Liegen natürlich, am Rand des Wasens, wo die Säule gelagert ist, wenn gerade kein Volksfest ist. Aufgerichtet wurde das 26 Meter hohe Wahrzeichen des Cannstatter Wasens erst am Donnerstagmittag. „Wir hatten die Ähren festgetackert. Als wir am nächsten Tag weiter arbeiten wollten, haben wir eine Menge Spatzen aufgeschreckt, die sich zum Fressen niedergelassen hatten“, sagt der Gärtner. Der Schönheit der Dekoration an der Säule habe das kaum geschadet, findet Locher, als nach einer knappen Stunde der blaue Holzkörper in den Himmel zeigt. Der Gärtner ist zufrieden: „Wenn sie steht, wirkt die Deko doch etwas anders als im Liegen.“

 

Locher hat in diesem Jahr zum ersten Mal die Aufgabe übertragen bekommen, die Fruchtsäule zu dekorieren. Auf Volksfesterfahrung kann die Familiengärtnerei allerdings schon lange zurückblicken: Bereits vor 40 Jahren schmückten Rainer Lochers Vater und Großvater die drei großen Brauereizelte. Heute zeigt sich der Jüngste der Familie immer noch für die Dekoration des Dinkelacker-Zeltes verantwortlich. Er habe sich schon an den Vorjahren orientiert, sagt Locher, aber: „Die Säule habe ich natürlich neu gestaltet.“

Das Göckelesmaier-Zelt fehlt beim Aufbau noch

Rund um die Fruchtsäule geht es auf dem ganzen Wasengelände geschäftig zu. Fast alle Wasenwirte haben damit begonnen, ihre Zelte aufzubauen, damit pünktlich zu Beginn des Volksfestes am 25. September alles steht. Einzig das Göckelesmaier-Zelt fehlt noch.

Am Montag haben die beiden Brüder Friedrich und Armin Weeber damit begonnen, ihr Wasenwirt-Zelt direkt neben der Fruchtsäule aufzustellen. Am Ende der acht Arbeitsstunden steht das Gerüst des Zeltes, das in 49 Tagen 3700 Besucher beherbergen soll. Die beiden Brüder beschäftigen in diesen Tagen zwölf Arbeiter. Sie sorgen dafür, dass das Gerüst schließlich sicher steht. An diesem Nachmittag schlägt gerade ein Arbeiter mit einem fünf Kilo schweren Hammer die Anker in ihre Position. Anker werden die überdimensionalen Heringe genannt, die die Zeltstangen in Position halten werden. Es sind bei diesem Festzelt rund 300 Stück.

Die beiden Brüder stehen im Schatten und beäugen ihre Söhne ganz genau, wie sie mit einem Elektrohammer die Anker fest in den Boden rammen. „Erst wenn man alles selber machen kann, kann man Chef sein“, sagt Friedrich Weeber. Er weiß, wovon er spricht: Seit 27 Jahren ist er bei jedem Wasen dabei, vor 25 Jahren hat er das Geschäft von seinem Vater übernommen. Die Zeit hat eine gewisse Routine mit sich gebracht. Weeber ist sicher, dass das Zelt in sieben Wochen für die Besucher geöffnet werden kann – auch, wenn seine Kollegen teilweise schon weiter im Zeitplan sind als er. „Es hat immer geklappt, es wird auch in diesem Jahr wieder klappen. Wir haben ja alles genauestens geplant“, so Weeber.

Ein SWR-Kamerateam begleitet den Aufbau

Da wirft es die beiden Brüder auch nicht aus dem Zeitplan, dass ein SWR-Kamerateam sie vor und während des Aufbaus begleitet. Die Reportage, die im Oktober zu sehen sein wird, läuft in der Themenwoche „Heimat“ der ARD und beschäftigt sich unter anderem mit dem Wandel des Cannstatter Volksfestes in den vergangenen knapp 200 Jahren.

„Es hat sich viel verändert“, sagt Friedrich Weeber. Es würde stetig teurer, besonders die Personalkosten stiegen immer weiter. Man wolle die Preise aber verträglich gestalten, sagt Weeber: „Wir rechnen im Cent-Bereich.“ Die Preise für Maß und Göckele stehen beim Wasenwirt schon fest: neun Euro für den Liter Bier, 9,50 Euro für das halbe Hähnchen. Dazu kommen je 70 Cent Bedienungsgeld. Im vergangenen Jahr kam die Maß im Wasenwirt auf 9,30 Euro – Bedienungsgeld inklusive.

Der Gärtner Rainer Locher kommt eher selten als Besucher auf das Volksfest. Ab und an schaue er schon vorbei, sagt er. Aber regelmäßig sei er während des Festes nicht auf dem Platz. Eine Woche vor der offiziellen Eröffnung wird Locher aber noch einmal ununterbrochen drei Tage lang an der Fruchtsäule werkeln. Auf das Dach des Hauses, auf dem die Fruchtsäule steht, kommt dann Obst und Gemüse. Frisches, versteht sich. „Alles aus der Region“, betont Locher. Wie viel genau das sein wird, kann er nur schwer abschätzen: „Irgendetwas zwischen zweieinhalb und drei Tonnen aber bestimmt.“