Ein Tag mit dem Pferdezüchter Bernd Wanke aus dem Schwarzwald zeigt: zwischen Morgenfütterung und Stallfest haben die Aussteller auf dem Landwirtschaftlichen Hauptfest am Cannstatter Wasen viel zu tun.

Stuttgart - Volkslieder aus der Ziehharmonika von hinten, wummernde Bässe aus dem Festzelt von vorne, rechts und links lachende Menschen in Tracht, neonfarbene, blinkende Fahrgeschäfte überall und von weit her das Kreischen der Achterbahn-Fahrer: Das Volksfest ist ein Stresstest für die Sinne und erst recht für die Tiere, die zurzeit nur wenige Meter weiter auf dem Landwirtschaftlichen Hauptfest (LWH) präsentiert werden. Rania und Romina scheint das alles aber nichts anzuhaben: Gelassen traben die beiden Stuten durch die Menge. Auf dem Kutschbock sitzt ihr Besitzer Bernd Wanke. Er weiß, warum er gerade diese beiden Pferde mit zum größten Bauernhof Baden-Württembergs gebracht hat: „Die beiden sind höchst prämiert und nervenstark“, sagt der Pferdezüchter aus Baiersbronn.

 

Um sechs Uhr klingelt der Wecker

Für gut eine Woche haben er und seine beiden Schwarzwälder Füchse ihr Gestüt mit dem Cannstatter Wasen getauscht, Wanke und seine beiden Helfer leben nur fünf Gehminuten von der Box der Pferde entfernt in einem Wohncontainer. Urlaub ist die Reise aber nicht. Spätestens um sechs Uhr klingelt der Wecker. Zuerst geht es in den Stall. Pferdeäpfel raus, neues Heu und Stroh rein – Morgensport ist für Landwirte inklusive. Jeder Handgriff dauert ein bisschen länger als in der gewohnten Umgebung. Danach gibt es erst einmal Frühstück für Rania und Romina: Mineralhaltige Pellets, Hafer und Wasser stehen auf dem Speiseplan, dreimal am Tag gibt es für jede Stute ein Kilo Kraftfutter.

Jeden Tag werden Fell und Schweif poliert

Während sich die Kaltblüter den Bauch vollschlagen, werden sie hübsch gemacht. Mit Striegel und Tuch wird das dunkelbraune Fell auf Hochglanz poliert, Schweif und Mähne bekommen eine Extraportion Pflegespray, damit sie weich und glänzend werden und sich besser kämmen lassen. „Das ist wie bei den Menschen“, sagt Wanke schmunzelnd, während er einen letzten Strohhalm aus dem Schweif zupft. Wenn um halb acht die Kehrmaschine auch die Gänge der Zelte von den letzten Strohhalmen befreit, gibt es auch für die Menschen Kraftfutter: Franz Lauster ist eigentlich Geschäftsführer des Pferdezuchtverbands Baden-Württemberg, auf dem LWH ist er auch Küchenfee und bereitet für die Mitglieder und ihre Helfer ein gemeinsames Frühstück zu. Brezeln, Brötchen Spiegeleier und natürlich Spezialitäten aus dem Ländle werden in einem Räumchen neben den Boxen aufgetischt.

Das Frühstück ist die Ruhe vor dem Sturm. Um neun Uhr öffnet das Landwirtschaftliche Hauptfest seine Tore. Bis 18 Uhr informiert Wanke die Besucher über Schwarzwälder Kaltblüter. zwischendurch präsentiert er die Rasse in Schwarzwälder Tracht im Großtierzelt und spannt seine beiden Stuten immer wieder fürs Schauprogramm vor die Kutsche. Bis zu vier Auftritte am Tag absolvieren Rania und Romina auf dem LWH, Hunderte fremde Hände streicheln jeden Tag über ihre Nüstern.

Nach dem Arbeitstag wird Musik gemacht

Klingt nach Stress pur, doch Wanke ist stolz darauf, bereits das dritte Mal für das LWH ausgewählt worden zu sein: „Es ist eine Chance, auch junge Menschen für Traditionen zu begeistern und die Rassenvielfalt der Tierwelt zu zeigen“, sagt der Pferdezüchter. Auf dem LWH informiert er sich über neue Maschinen und Ausrüstung, tauscht sich mit Kollegen aus, trifft Freunde und Bekannte wieder lernt neue kennen. „Natürlich gehen wir auch alle manchmal gemeinsam ins Bierzelt oder machen Musik im Stall“, erzählt der Pferdewirt. Bei Gegrilltem, Käse und Schinken aus dem Schwarzwald und einem Gläschen selbstgebrannten Schnaps werde es dann auch mal später. Spätestens um sechs Uhr aber klingelt trotzdem für alle der Wecker – „denn die Pferde stehen an erster Stelle.“