Stuttgarter im Alter um die 20 teilen sich am ehesten ein Auto mit anderen. So die Bilanz von Stadtmobil. In Randbezirken wie Degerloch, Birkach, Plieningen und Sillenbuch fahren die Leute allerdings am liebsten mit dem eigenen Wagen.

Filder - Es klingt ein bisschen nach Klischee: In der Halbhöhenlage sei der Bedarf am Carsharing geringer als anderswo. „Da sind die Autos eben auch ein Statussymbol“, sagt Edgar Augel, Sprecher von Stadtmobil. Vor dem inneren Auge erscheint sofort der SUV, mit dem Wohlhabendere, die ihr Domizil an Degerlochs Hängen haben, zum Bioladen fahren.

 

Kaum ein Bein auf dem Boden

Auf jeden Fall ist Degerloch keine Goldgrube für Stadtmobil. Während das Unternehmen im Westen an 91 Standorten mit seinen Fahrzeugen vertreten ist, sind es in Degerloch laut Augel nur fünf Standorte, in Plieningen sind es nur zwei. Trotzdem: „Auf den Fildern ist Degerloch ein guter Standort für uns“, sagt er.

Anders ausgedrückt läuft das Geschäft in anderen Bezirken noch verhaltener. Carsharing-Anbieter haben sich arrangiert, dass sie in der Innenstadt expandieren, während sie in den Randbezirken kaum ein Bein auf den Boden bekommen. Zu ungünstig sind an der Peripherie der Großstadt die Bedingungen für das Geschäft mit dem Auto auf Zeit. „Die meisten Leute, die außerhalb des Zentrums wohnen, haben ohnehin ein Auto, weil sie sonst gar nicht vom Fleck kommen würden“, erklärt Edgar Augel.

Das eigene Fahrzeug würde aber niemand verkaufen, nur weil es mit dem Carsharing nun eine Alternative gibt. Auch der Stressfaktor als Autobesitzer falle außerhalb des Zentrums geringer aus, weil die Parkplatzsuche längst nicht so sehr einem Spießrutenlauf gleiche, wie in der Innenstadt. „Wer außerhalb des Kessels nicht vor der Tür parkt, findet in der Regel etwas in der Nähe. Im Stuttgarter Westen oder Süden können die Leute davon nur träumen“, sagt der Sprecher von Stadtmobil. Obwohl Besitzer eines eigenen Fahrzeugs es noch relativ leicht haben und wenig Druck verspüren würden, eine Alternative auszuprobieren, wolle Stadtmobil das Geschäft außerhalb des Zentrums nicht als verloren betrachten, betont Edgar Augel. „Das können wir gar nicht, weil wir als Unternehmen nicht das Ziel haben, Rendite zu machen, sondern die Idee des Carsharings zu verbreiten“, sagt Augel.

Eine Frage der Generation

Deshalb eröffne Stadtmobil auch Standorte in Stadtteilen, in denen operativ kein Gewinn zu machen sei. Carsharing sei auch eine Frage der Generation. So seien Männer und Frauen Mitte und Ende 20, die gerade mit dem Job anfangen, aber dennoch aufs Geld achten müssen, die Klientel, die besonders stark das Carsharing nutze. „Das sind Leute, die sich eine Wohnung in der Nähe einer Stadtbahnlinie suchen, damit sie mit Bus oder Bahn zum Job kommen“, sagt Augel. Für Spaßfahrten würde sich dann das Carsharing empfehlen. Die Generation, die Carsharing nutze, weil sie ihr Geld lieber fürs Ausgehen oder Reisen als für ein Auto ausgibt, zieht es aber eher in das Stadtzentrum, als in die ländlich geprägten Bezirke auf den Fildern. Auch so erklärt sich, warum das Geschäft von Stadtmobil und anderen Anbietern wie Flinkster oder Car2go außerhalb des Stuttgarter Kessels eher ein mühsames ist.

Thomas Schwarz, der Leiter des Statistischen Amts der Stadt, bewertet die Schwierigkeiten der Carsharing-Anbieter in Degerloch oder Plieningen nicht als Beinbruch für die Branche. Die von ihm erfassten und im Juli veröffentlichten Daten lassen für die gesamte Stadt Stuttgart einen Boom des Carsharings erkennen.

Stadtmobil hatte 2005 insgesamt 99 Fahrzeuge im Angebot, derzeit sind es 360. Die Anzahl der Kunden steigerte sich im gleichen Zeitraum von 2044 auf 6060. Dass sich das Geschäft der Carsharing-Anbieter auf die Innenstadt konzentriere und in der Peripherie eher schwach verlaufe, sei kein großer Schaden für die Unternehmen, sagt Schwarz. „Ich vermute, dass es auch so bleibt, vielleicht gibt es aber einen Nachholprozess in den Randbezirken“, sagt er.

Mittel gegen Parkplatznot

Edgar Augel vermutet, dass mehr Werbung eine stärkere Nutzung von Carsharing-Angeboten bedingen könnte. „Die Mittel von Stadtmobil sind aber begrenzt, da wir sie im Zweifel in neue Stationen investieren, um unser Angebot auszuweiten“, sagt Augel. Wichtig sei auch ein Ausbau der Stationen, dieser konzentriert sich bisher jedoch auf die Innenstadt.

Die Stadt unterstützt das Konzept, da ein Stellplatz fürs Carsharing bis zu neun herkömmliche Stellplätze entbehrlich macht. Carsharing gilt als Mittel gegen die Parkplatznot. Lokalpolitiker diskutieren, ob Carsharing-Fahrzeuge beim Parken privilegiert werden sollen, indem sie wie Taxihaltestände mit Verkehrszeichen versehen werden. Ob so auch das Carsharing auf den Fildern vorankommt, bleibt offen.