Leihauto aus der Nachbarschaft: die Stuttgarter Carsharingfirma Autonetzer.de will nach einer halbjährigen Testphase jetzt durchstarten.

Stuttgart -  Nicht jeder Autobesitzer benötigt sein Fahrzeug täglich. Und nicht jeder, der übers Wochenende ein Auto braucht, hat auch eines vor der Haustüre stehen. Warum den Wagen dann nicht einfach mit anderen Leuten teilen, so dass beide Seiten davon profitieren? Diese Frage haben sich vor etwa einem Jahr auch der 34-jährige Sebastian Ballweg und sein 31-jähriger Freund Markus Gößler gestellt - und ein Carsharingkonzept für Privatpersonen entwickelt. Ein halbes Jahr lang stellten sie die Website www.autonetzer.de online, um auszuprobieren, wie groß das Interesse der Stuttgarter Bevölkerung an der gemeinsamen Nutzung von Autos tatsächlich ist. Seither haben sich mehr als 200 Automieter und rund 50 Halter online registriert. Jetzt wollen Ballweg und Gößler mit einer neu gestalteten Website richtig durchstarten.

 

Bei der Firma Autonetzer.de, die ihren Sitz in der Heilbronner Straße in Stuttgart hat, können Autohalter, die ihren Wagen nicht ständig benötigen, ihr Fahrzeug samt Mietpreis, Typenkennzeichnung und Versicherungsangaben auf der Online-Plattform einstellen. Dabei geben sie den Standort des Fahrzeugs sowie einen Zeitraum an, in dem der Wagen für potenzielle Mieter zur Verfügung steht. Interessenten können den Wagen unverbindlich anfragen und ihn dann für eine bestimmte Zeit mieten. Bei einem persönlichen Treffen von Mieter und Vermieter werden schließlich vorhandene Schäden am Fahrzeug protokolliert und der Autoschlüssel übergeben.

"Der Mietpreis wird dabei immer vom Halter bestimmt", erklärt Sebastian Ballweg. "Wir geben aber Preisempfehlungen, nach denen sich die Nutzer der Plattform richten können." Für einen Wagen der Golf-Klasse werden Ballweg zufolge etwa 20 bis 30 Euro am Tag fällig. Hinzu kommt eine Versicherungsgebühr von 8,90 Euro pro Tag, die der Mieter entrichten muss. Das verbrauchte Benzin wird entweder durch den Mieter nachgefüllt oder der Spritpreis bar an den Halter des Wagens gezahlt. Als Vermittlungsgebühr berechnet Autonetzer.de 15 Prozent des Mietpreises.

Auf dem Weg zu Daimler kam die Idee zum Carsharing

Auf die Idee, ein Carsharing zwischen Privatpersonen zu ermöglichen, kam Sebastian Ballweg durch den Wechsel seines Arbeitsplatzes. Denn nachdem er einige Jahre als Einkäufer bei Daimler in Sindelfingen tätig war, bekam er eine Stelle in Untertürkheim. Weil er von seinem Wohnort im Stuttgarter Osten aus aber immer mit öffentlichen Verkehrsmitteln nach Untertürkheim fuhr, benutzte er sein Auto kaum noch. "Verkaufen wollte ich es aber nicht", erinnert sich Ballweg. "Und weil ich als Student früher oft Mitfahrgelegenheiten genutzt habe, kam mir der Gedanke, dass ich meinen Wagen auch an Leute vermieten könnte, die selbst kein Auto haben."

Von dieser Idee profitieren mittlerweile mehrere Hundert Kunden von Autonetzer.de - darunter auch der 35-jährige Harald Amelung, der seinen Opel Astra regelmäßig fremden Autofahrern anvertraut. Anfangs, so Amelung, habe er Bedenken gehabt, ob er sein Auto nach dem Verleih auch wieder heil zurückbekommen würde. Bisher habe er jedoch stets gute Erfahrungen gemacht. "Heute mache ich mir gar keine Sorgen mehr um mein Auto, sondern vermiete es auch bedenkenlos ganze Tage oder Wochenenden lang", sagt der 35-Jährige. "Immerhin hat man durch das Vermieten auch immer einen netten Zuverdienst." Für ein Wochenende, so Amelung weiter, habe er dank vieler gefahrener Kilometer 180 Euro von einem Mieter bekommen.

Auf das Vertrauen der Vermieter ist auch die 30-jährige Carolin Gaiser angewiesen, die kein eigenes Auto hat, sondern für berufliche oder private Fahrten gerne auf Autonetzer.de zurückgreift. "Anfangs dachte ich noch: Wer teilt schon im Schwabenland sein ,heiligs Blechle' mit mir?", erzählt Gaiser. "Doch tatsächlich war es ganz einfach, ein Auto zu bekommen. Für einen Audi A2 habe ich gerade mal 15 Euro und etwa zehn Euro Spritkosten bezahlt."

Um ihre Idee weiter voranzutreiben, hoffen Sebastian Ballweg und Markus Gößler auf eine fünfstellige Kundenanzahl im kommenden Jahr. Schließlich soll ihr Konzept so erfolgreich wie möglich werden und dafür sorgen, so wünscht es sich Ballweg, "dass der Gedanke des Teilens deutschlandweit Schule macht".