Das Auto ist heute kein Statussymbol mehr. Carsharing boomt, vier Anbieter gibt es in der Stadt. Wir zeigen an Beispielen, welches Konzept für welche Fahrt am besten passt.

Stuttgart - Er ist männlich, 25 bis 45 Jahre alt, überdurchschnittlich gebildet, nutzt öffentliche Verkehrsmittel und lebt in „urbanen Milieus“. Er eigne sich perfekt als „Trendsetter für die neue vernetzte Mobilität“, meinen die Forscher des Fraunhofer-Instituts für System- und Innovationsforschung in Karlsruhe. Der Trendsetter, den sie da charakterisieren, findet in Stuttgart ein besonders förderliches Biotop. Es handelt sich nämlich um den typischen Kunden eines Carsharing-Unternehmens. In Stuttgart kann dieser Trendsetter zwischen vier sehr unterschiedlichen Anbietern wählen.

 

Der Klassiker Stadtmobil ist seit 1992 auf dem Markt. Wer in den Innenstadtbezirken West, Süd oder Ost wohnt, hat es nie weit bis zur nächsten Stadtmobil-Station. Und wer ein wenig planen kann, ist bis weit ins Stuttgarter Umland hinein versorgt und kann Kooperationsangebote in anderen Städten nutzen. Es gibt Fahrzeuge für fast alle Zwecke und Zubehör vom Dachgepäckträger bis zum Kindersitz. Dauerkunden wählen den Tarif Classic, wer sich weniger binden will und eine VVS-Card hat, den Tarif VVS-Card.

Auch der Konkurrent Bahn bietet mit seinem Flinkster-Angebot eine Auswahl unterschiedlicher Fahrzeugtypen, richtet sich aber schwerpunktmäßig – wenn auch nicht nur – an Kurznutzer. Flinkster-Kunden sind bundesweit mobil, zumal auch Kooperationen mit Autovermietungen und Carsharing-Unternehmen (nicht mit Stadtmobil) existieren. Das Netz der Stationen kommt aber bei Weitem nicht an das von Stadtmobil heran. Flinkster bietet einen bundesweiten Tarif für Spontannutzer und einen Lokaltarif für Vielfahrer.

Ein besonders breites Angebot an Fahrzeugtypen bieten die Autonetzer, die erst seit zwei Jahren existieren und ebenfalls in vielen Städten aktiv sind. Besonders stolz sind sie darauf, dass sie ihre Flotte, anders als die Konkurrenten, nicht einmal eigens eingekauft haben. Die Autonetzer versammeln Privatmenschen, die ihr Auto teilen wollen, und vermitteln die Angebote an Autosuchende. Dabei kümmert sich die Zentrale um korrekte Bezahlung, um Vertrags- und Versicherungsfragen und macht Vorschläge für den Preis. Doch am Ende entsteht immer ein Vertrag zwischen Besitzer und Mieter.

Seit kurzem kooperiert Daimler mit Autonetzer. Der Konzern weitet seine Mobilitätsdienste zurzeit deutlich aus. Zu den neuen Angeboten gehört auch Car2go. Im Internet anmelden, Mitgliedskarte abholen und einen beliebigen Mitnehm-Smart belegen, der am Straßenrand steht – fertig. Steht am Straßenrand keiner, kann man den nächsten per Internet oder Smartphone suchen. Wer mit der begrenzten Reichweite der Elektro-Smarts und maximaler Mietzeit von 48 Stunden auskommt, bekommt ein unübertroffen flexibles Angebot für die Fahrt zu zweit. Konkurrenzlos die Möglichkeit, das Auto nach Gebrauch irgendwo auf öffentlicher Parkfläche stehenzulassen. Nur wenn der Ladestand der Batterie niedrig ist, muss die Fahrt an einer Ladestation enden.

Die Stuttgarter Carsharing-Modelle in einem ausführlichen Vergleich finden Sie hier.

Wann lohnt sich welches Angebot? Ein Vergleich anhand dreier Beispiele:

Szenario 1 – Die Fahrt zum Getränkemarkt

Szenario 1: Die Fahrt zum Getränkemarkt, zehn Kilometer, eine Stunde: Stadtmobil: Das kleinste Auto in der Fahrzeugpalette, der Toyota Aygo, kostet 3,20 Euro im Classic-Tarif und 3,60 im Tarif für Inhaber der VVS-Card. Flinkster: Die Einkaufstour mit dem Smart kostet 4,10 Euro in beiden angebotenen Tarifen. Autonetzer: Die kürzeste Mietdauer sind vier Stunden für den empfohlenen Preis von 15,90 Euro. Wenn der Vermieter die empfohlene Kilometerpauschale berechnet, kommt ein Euro hinzu. Car2go: Parkzeiten sind billiger als Fahrtzeiten. Wenn die Fahrt hin und zurück je 15 Minuten dauert, setzt sich die Mietzeit aus 30 Minuten Fahren (8,70 Euro) und 30 Minuten Parken (2,70 Euro) zusammen. Der Preis: 11,40 Euro. Fazit: Das Angebot von Autonetzer ist nicht für Kurzzeitnutzer und Fahrten um die Ecke gedacht. Das geht schon deswegen nicht, weil nicht jeder Vermieter auf Anfragen sofort reagieren kann. Bei Car2go bezahlt man für die Freiheit, spontan zu buchen. Das klassische Carsharing-Modell erweist sich als das günstigste. Von der Buchung bis zum Losfahren dauert es bei dichtem Standortnetz auch nicht länger als bei Car2go.

Szenario 2 – Tagesausflug mit der Familie

Szenario 2: Tagesausflug mit der Familie von 9 bis 19 Uhr zu einem Freizeitpark, der eine Stunde beziehungsweise 40 Kilometer entfernt ist. Stadtmobil: Ein Kleinwagen der Corsa-Klasse kostet 36,80 Euro (Classic) oder 45,80 Euro (VVS-Card). Flinkster: Der Kleinwagen (Polo, Corsa) kostet im bundesweiten Tarif 64,40 Euro, im Lokaltarif für Vielnutzer 40,80 Euro. Autonetzer: Tagespreis und Versicherung kosten zusammen 23,90 Euro. Wenn der Vermieter eine Kilometerpauschale verlangt, sind das 8 Euro zusätzlich. Car2go: Zu klein für eine Familie. Ein Smart bietet nur Platz für zwei Personen. Fährt der Vater alleine mit seinem Sohn, bezahlt er für den Ausflug 56,40 Euro. Fazit: Diese Fahrt gehört zur Domäne von Autonetzer. Aber auch Stadtmobil und Flinkster schlagen sich gut. Wer Spontaneität liebt und sich nicht vertraglich binden will, zahlt dafür bei Stadtmobil, Flinkster und Car2go deutliche Zuschläge.

Szenario 3- Wochenendtrip zu Freunden

Szenario 3: Wochenendtrip zu Freunden, Freitag 18 Uhr bis Sonntag 22 Uhr, einfache Strecke 200 Kilometer. Stadtmobil: Der Corsa kostet 129 Euro (Classic) oder 146 Euro (VVS-Card). Flinkster: Hier kostet der Corsa 171 Euro (bundesweiter Tarif) oder 156 Euro (Lokaltarif). Autonetzer: Der empfohlene Preis setzt sich aus drei Tagespauschalen (45 Euro) und den Versicherungsgebühren zusammen. Unter dem Strich stehen nach unverbindlicher Empfehlung 71,70 Euro. Car2go: Die Fahrt ist nur möglich, wenn sich unterwegs eine Ladestation findet. Wenn das Auto mit leerer Batterie stehenbleibt, fallen Abschleppkosten an. Zudem ist die Mietdauer auf 48 Stunden beschränkt. Dann fallen 188,20 Euro an. Fazit: Auch hier ist das Autoteilen mit privaten Anbietern bei Autonetzer die billigste Lösung. Von den anderen Anbietern ist Stadtmobil klar im Vorteil, zumal man dort auch Kindersitze oder einen Dachgepäckträger für die Skier leihen kann. Bei Flinkster sollte man für solche Fahrten den Preis der kooperierenden Autovermieter vergleichen. Und die Elektrofahrzeuge von Car2go sind für diese Entfernung nicht vorgesehen – zumal nur zwei Personen reisen können.