Der Inhaber einer Reutlinger Werbeagentur bringt Prominente wie Bärbel Schäfer und Johann Lafer dazu, für einen Moment mal ganz leise zu sein. Das Ergebnis ist eine CD, auf der Zeitung gelesen und Kaffee getrunken wird.

Reutlingen - Es ist ganz einfach: einmal das Autoradio abschalten, und dann die Stille genießen! So erging es Michael Köckritz für einen Augenblick. Doch der Reutlinger Verleger avantgardistischer Magazine wie „ramp“, „rampstyle“ oder „capz“ erkannte schnell: „Absolute Stille halten wir gar nicht mehr aus.“ Angesichts dieser Erkenntnis kam er auf die Idee, mit „Chillen im Stillen“ ein Hörbuch aufzunehmen, auf dem man nichts hört. Jedenfalls fast nichts, denn Hintergrundgeräusche sollte es auf dieser CD für Lärmgeschädigte schon geben. Und weil Köckritz glaubt, dass die Hörer die von prominenten Persönlichkeiten produzierte Stille mindestens so gern genießen wie ihre Musik, stellte er bekannten Personen landauf und landab die Frage: „Hättet ihr Lust, einfach einmal ganz still zu sein?“ Sky du Mont, Gaby Hauptmann, Bärbel Schäfer und auch der nicht unbedingt als schweigsam bekannte Johann Lafer leisteten ihre Beiträge. Oder besser, sie trugen fast nichts dazu bei.

 

Rauschen im Blätterwald oder der „Hauch des Aufbruchs“

Von Kai Diekmann vernimmt der Hörer etwas, was der „Bild“-Chefredakteur tagtäglich macht: Er blättert in der Zeitung. Moderatorin Bärbel Schäfer bereitet sich auf ihre nächste Sendung vor. Was da wohl zu hören ist? Na ganz einfach, das Klappern ihrer Kaffeetasse. Johann Lafer tut, was er am besten kann, er kocht. Und zwar mit allen Geräuschen, die dazugehören – schneiden, schaben, mahlen, brutzeln und mitunter knallt eine Schublade. Nur Worte verliert er (fast) keine. Ganz ohne Worte kommt auch der Kabarettist Chin Meyer nicht aus, als er mit Köckritz Monopoly spielt. Schließlich will die Miete eingetrieben werden. Gaby Hauptmanns Nummer wird mit „Der leise Hauch des Aufbruchs überschrieben“. Sie wurde beim Kofferpacken belauscht. Insgesamt eine leicht schräge Aufnahme, das findet auch der Macher selbst. Ein Augenzwinkern sei schon dabei gewesen, sagt Köckritz.

Er wolle mit der CD dazu anregen, über die Geräusche nachzudenken, denen jeder Mensch ausgesetzt ist, darüber, ob er sich ihnen aussetzen muss oder ob er sich auch nach einem stillen Tag sehnt. „Dazu sollen die Leute genau hinhören und aufmerksam erleben, was man sonst vor lauter Reizüberflutung gar nicht mehr wahrnimmt“, sagt der 56-Jährige. Wozu die leise CD in der Praxis führt? Man stellt das Autoradio lauter – damit einem nichts von dieser Stille entgeht.