Exklusiv Mehrere Ex-FDP-Politiker tummeln sich bei einer neu gegründeten Beratungsfirma. Der CDU-Abgeordnete Matthias Pröfrock war auch dabei, stieg aber wegen Bedenken schnell wieder aus.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Mit Rückziehern hat der CDU-Landtagsabgeordnete Matthias Pröfrock (36) eine gewisse Erfahrung. Gut zwei Jahre ist es her, dass die Universität Tübingen dem Juristen und Ex-Referenten von Ministerpräsident Günther Oettinger den Doktortitel entzog. Begründung: Er habe in erheblichem Maß fremde Texte übernommen, ohne dies kenntlich zu machen. Nicht mit Absicht, sondern aus Versehen sei das geschehen, verteidigte sich der Ex-Doktor.

 

Nun hat Pröfrock, der inzwischen als Rechtsanwalt tätig ist, erneut einen Rückzieher gemacht. Nach kurzer Zeit beendete er die Zusammenarbeit mit einer Unternehmensberatung, die ihn als Interimsmanager für Rechtsfragen an Firmen vermitteln wollte. Der Grund: Es solle nicht der Eindruck entstehen, er nehme es mit der Trennung zwischen Mandat und Beruf womöglich nicht genau genug. Just diese Gefahr sah der Jurist in einer „nicht ganz zweifelsfreien“ Formulierung, die er zunächst freilich selbst abgesegnet hatte.

Walter Döring ist der prominenteste Berater

„K 11 Consulting GmbH“ nennt sich die frisch gegründete Unternehmensberatung, nach ihrem Sitz am Kaffeeberg 11 in Ludwigsburg. Der Gründer Alexander Deicke (37) ist ein Studienfreund Pröfrocks und ebenfalls aus der Landespolitik bekannt: Im Alleingang wollte er voriges Jahr die FDP-Landeschefin Birgit Homburger von Platz eins der Kandidatenliste für den Bundestag verdrängen. Einer müsse sich „aus der Deckung wagen“, damit die Partei eine wirkliche Wahl habe, begründete er seinen Vorstoß. Als Homburgers Vorgänger Walter Döring überraschend ebenfalls seine Bewerbung ankündigte, zog Deicke zurück. Döring soll ihm dafür einen guten Listenplatz in Aussicht gestellt haben, musste nach einer Schlammschlacht aber seinerseits den Rückzug antreten.

Der damals geknüpfte Kontakt zwischen dem FDP-Altstar und dem aufstrebenden Jungliberalen blieb freilich bestehen. Heute ist Döring neben dem einstigen Bahnmanager Werner Klingberg der prominenteste unter den 20 Beratern, deren Dienste „K 11“ offeriert. Konzept der Consultingfirma ist es, Unternehmen Führungskräfte auf Zeit zu vermitteln – in den Bereichen Strategie, Kommunikation und Recht. Durch eigene Einsätze im „Legal Interim Management“ war bei dem Rechtsanwalt Deicke die Idee gereift, daraus ein Geschäftsmodell zu machen; verdienen will er an einer „moderaten Provision“. Auch in seiner derzeit entstehenden Doktorarbeit beschäftigt er sich mit berufsrechtlichen Fragen rund um Leih-Juristen.

Ex-Juli-Chef gibt Nachhilfe in Rhetorik

In der Firmenbroschüre verweist Döring, der auch ein eigenes Beratungsunternehmen führt, auf sein „Netzwerk“ als ehemaliger Wirtschaftsminister. Gerne sei er bei der Anbahnung von „Geschäftsterminen mit Regierungsstellen“ oder „Vertretern aus Politik und Wirtschaft“ behilflich oder informiere über „Fördermöglichkeiten“. Sein Tagessatz: 1700 bis 2500 Euro, einschließlich aller Kosten.

Etwas günstiger (1200 bis 1500 Euro) kann man bei „K 11“ einen anderen FDP-Mann buchen: der einstige Juli-Landeschef Tim Lucas, ein Theaterwissenschaftler, offeriert Nachhilfe in Rhetorik und „überzeugendem Auftreten“. Als Chef des Parteinachwuchses war er 2003 nach nicht einmal einem Jahr wieder abgetreten, auch wegen seiner umstrittenen Rhetorik: Anlässlich einer Schwulenparade hatte er für einen „lockereren Umgang mit Sexualität plädiert“ und empfohlen, es sollten „alle ein bisschen mehr miteinander poppen“. Zuletzt war er Referent für Kultur und Medien der bayerischen Landtags-FDP. Ein liberaler Altstar, ein Starlet und eine schnell verglühte Sternschnuppe - zu dieser illustren FDP-Gesellschaft stieß im Sommer der CDU-Mann Pröfrock. Weil ihm neben dem Landtagsmandat ein „berufliches Standbein“ wichtig ist, griff er das Angebot seines Studienfreundes Deicke zu einer „Mitarbeit auf Projektbasis“ gerne auf.

„Jeden Anschein der Verquickung vermeiden“

Als Interimsmanager für Rechtsthemen empfahl er sich in der „K 11“-Broschüre mit seinem „sehr erfolgreichen Jurastudium“ und dem Engagement auf verschiedenen politischen Ebenen; unter den Qualifikationen war auch „Landtagsabgeordneter“ aufgelistet. Seine langjährigen Erfahrungen, so Pröfrock, könnten besonders bei „Projekten mit vergabe- und verwaltungsrechtlicher Dimension“ hilfreich sein; auch Unternehmen „in genehmigungsintensiven Branchen“ dürften davon profitieren. Sein Tagessatz: 1200 bis 1800 Euro.

Doch noch ehe er auch nur ein einziges Mal engagiert wurde, kamen dem Abgeordneten Bedenken: Bei der elektronischen Durchsicht des Textes sei ihm zunächst nicht aufgefallen, dass die eine oder andere Passage missverstanden werden könnte. „Um jeden Anschein einer Verquickung zu vermeiden“, so Pröfrock, habe er die Zusammenarbeit gleich ganz beendet – ein ziemlich radikaler Rückzieher.