Die Stuttgarter Zeitung stellt Stuttgarter Bundestagskandidaten vor. Diesmal: Die CDU-Kandidatin Karin Maag, die nach der rot-grünen Wahlabsprache erst recht als Favoritin im Stuttgarter Wahlkreis II gilt.

Stuttgart - Der Bundestagswahlkampf ist nicht nur für die Kandidaten, sondern auch für den Wähler immer wieder eine intellektuelle Herausforderung. In Karins Presseecke in der Gablenberger Hauptstraße steht an diesem Vormittag jedenfalls nicht die Besitzerin hinter der Theke, um Zeitschriften, Flachmänner und Tabakwaren zu verkaufen oder den Lotto-Computer zu bedienen. Das erledigt Karin Maag, die 51-jährige CDU-Bundestagsabgeordnete und Kandidatin im Wahlkreis Stuttgart II. Und obwohl ganz groß dransteht, dass hier und jetzt Wahlwerbung betrieben wird und es Kugelschreiber gratis gibt und eine Politikerin, der man die Meinung sagen kann, bleiben die meisten Kunden stumm. Nur Atze macht den Mund auf: „Das ist wohl ein Fall von heimlicher Parteienfinanzierung“, sagt er, nachdem sich die falsche Karin tatsächlich vertippt hat. Unterm Strich habe sie ihre Arbeit aber gut gemacht, sagen Rainer und Karin Schünemann – sogar so gut, dass sie wiederkommen dürfe. Die Besitzer betonen aber, dass sie auch schon den SPD-Bewerber Nicolas Schäfstoß dahatten.

 

Aber dass ausgerechnet ein Mitglied des Gesundheitsausschusses Drogen verkaufen muss, um wieder in den Bundestag zu kommen? Karin Maag winkt ab. Sie hat in den vergangenen vier Jahren als Berichterstatterin für die Drogenproblematik und als Schirmherrin der Aktion „Alkohol? Kenn dein Limit“ zu viel erlebt, um wegen ein paar Kippen ein schlechtes Gewissen zu bekommen. In Berlin kümmere sie sich in Kuratorien, Beiräten und als Gesetzgeberin um das Wohl der Patienten. Dank Schwarz-Gelb seien die Krankenversicherungen auf einem guten Weg, sagt sie vor Jungunionisten. Der CDU sei es zu verdanken, dass Naturheilverfahren von den Kassen bezahlt würden. „Und auch den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz hat die CDU erfunden.“ Weil das offenbar noch nicht alle Wähler wissen, gelte es „zu überzeugen, dass wir die Guten sind“.

Karin Maag hat ihren Weg gemacht, seitdem ihr 2007 im Ränkespiel um den Ordnungsbürgermeisterposten im Stuttgarter Rathaus kurzfristig ihr Lachen abhandengekommen war. Die Referentin von OB Schuster wechselte in die Landtagsverwaltung – ein gut bezahlter Job, aber auch ein langweiliger. 2009 kam es ihr deshalb gerade recht, sich in einer für die CDU stabilen Großwetterlage als Bundestagsabgeordnete zu bewerben. Prompt landete sie einen deutlichen Sieg, der die Direktmandats-Abonnentin Ute Kumpf verzweifeln ließ. Viele Jahre hatte sie Klinken geputzt, um dann von einer Neuen in die Schranken gewiesen zu werden, deren politische Erfahrung sich auf den Bezirksbeirat Möhringen beschränkt hatte. Mittlerweile ist Maag stellvertretende Kreisvorsitzende.

Maag will bis zum Schluss kämpfen

Weil die Grünen nun ihre Anhänger auffordern, die Erststimme nicht der engsten Rivalin Birgitt Bender zu geben, sondern dem Neuling Schäfstoß, dürfte der CDU-Frau das Direktmandat kaum zu nehmen sein. Davon will sie aber nichts hören. Es werde bis zum Schluss gekämpft. Wie der Parteifreund Stefan Kaufmann definiert auch sie sich über die Arbeit im Wahlkreis. „Zuhören und helfen ist mir stets wichtig“, lautet ein Slogan in ihrem Prospekt. Gerne stelle sie Kontakte her oder sammle Spenden – wie jene 30 000 Euro für einen Seilparcours für die Grund- und Hauptschule Stammheim. Als direkt gewählte Kandidatin ergebe sich die Pflicht zum Einsatz für Stuttgart, so ihr Kredo. Deshalb lobt sie den Dirigenten des Gesangvereins bei der Höfleshocketse in Hofen, kümmert sich um die Union der Vertriebenen und Flüchtlinge, schaut beim Kleintierzüchterverein Neuwirtshaus und im Tierheim in Botnang vorbei und lässt sich beim Fairen Kaffeetrinken in Gablenberg ablichten.

Natürlich ist Stuttgart 21 auch ihre Achillesferse, die sie so gut wie möglich zu schonen versucht. Von sich aus spricht sie den geplanten Tiefbahnhof erst gar nicht an. Technische Details sind nicht ihre Sache. Ihre Argumente scheinen den Hochglanzprospekten der Deutschen Bahn entnommen. Sie sei natürlich für S 21, betont sie, in Berlin trete sie aber gemeinsam mit ihren Fraktionskollegen der Bahn hinsichtlich Kosten und Zeitplan auf die Finger. Pleiten, Pech und Pannen, die bisher verhinderten, dass es so richtig auf Baustelle gehen konnte, gefielen ihr überhaupt nicht. Dass sich in den nächsten Legislaturperioden die City als Großbaustelle präsentiere, findet sie dagegen weniger tragisch. Das müsse der Bürger ertragen.