Wie passt der Besitz einer Bordellimmobilie zu den Werten der CDU? Gar nicht, finden die Parteifrauen, vorneweg die Abgeordnete Karin Maag – völlig zu Recht, kommentiert der StZ-Autor Andreas Müller.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Vier Wochen lang herrschte Ruhe, zumindest nach außen. Kein Wort verlautete aus der Stuttgarter CDU zu der Neuigkeit, dass der Schatzmeister der Partei Mitbesitzer des größten Bordells in der Stadt ist. Man nahm es scheinbar schulterzuckend zur Kenntnis und ging zur Tagesordnung über. Schon wurde in der Rotlichtszene frohlockt: Prostitution sei gesellschaftlich inzwischen eben so akzeptiert, dass sich selbst die Konservativen nicht mehr darüber aufregten.

 

Das ist zum Glück nicht so. Mit etwas Verzögerung führt die Partei, zunächst nur intern, nun endlich die überfällige Debatte. Angestoßen wurde sie zwar von den CDU-Frauen, vorneweg der Bundestagsabgeordneten Karin Maag. Für sie ist es besonders schwer erträglich, in der Parteiführung mit dem Miteigner des Dreifarbenhauses zusammenzuwirken. Ihr langjähriges, verdienstvolles Engagement gegen käuflichen Sex und Missstände in der Prostitution wird damit ad absurdum geführt. Ein Hinweis auf den Kassenwart würde fortan genügen, um jedes Publikum zum Grinsen zu bringen. Maags Drohung mit Rücktritt ist da nur konsequent.

Je rascher die Klärung, umso besser

Aber das Problem der Glaubwürdigkeit besteht für die gesamte Partei, einschließlich der Männer. Egal ob man Prostitution für unvermeidlich oder überwindbar hält: Mit den Werten, die die Christdemokraten immer noch propagieren, ist der käufliche Sex nicht vereinbar. Er zeugt von einem Menschenbild – bei Frauen und Freiern gleichermaßen – das sich die CDU wohl kaum zu eigen machen will. Die Argumentation des Schatzmeisters, die Geldanlage sei seine Privatsache, taugt nicht als Ausweg: Bei einem einfachen Mitglied wäre es das, nicht aber bei einem Angehörigen der engsten Führung des Kreisverbands.

Gibt der Mann sein Amt nicht von sich aus auf (oder die Beteiligung am Dreifarbenhaus ab), bleibt der Partei eine Entscheidung nicht erspart. So schwierig es sein mag, Aspiranten für das undankbare Amt des Kassenwarts zu finden – die Antwort auf Maags mutiges „Er oder ich“ sollte der CDU am Ende nicht schwerfallen. Es wäre ein Armutszeugnis für den Kreisverband, wenn sich die Abgeordnete tatsächlich gezwungen sähe, als Vizevorsitzende abzutreten. Je schneller der bisher zögerlich agierende Kreisvorsitzende Stefan Kaufmann und seine Vorstandskollegen das erkennen, desto besser für alle.