Höher, kleiner und billiger: die CDU-Opposition im baden-württembergischen Landtag hat zusammen mit den Nationalparkgegnern und der Sägeindustrie zehn Eckpunkte für einen „Bürgernationalpark“ erarbeitet. Die Landesregierung kritisiert das „im Hinterzimmer zusammengemauschelte“ Konzept.

Stuttgart - Kurz bevor der Landtag Ende November das Nationalparkgesetz verabschieden soll, hat die CDU-Opposition am Montag ein Alternativkonzept zum Regierungsentwurf gemeinsam mit der Sägeindustrie und dem Verein der Nationalparkgegner vorgestellt. Bei diesem „Bürgernationalpark“ setzt die CDU auf die Beteiligung und Zustimmung der Menschen vor Ort – fachliche Anforderungen und Qualitätskriterien für einen Nationalpark werden dabei bewusst ignoriert.

 

Das Bundesamt für Naturschutz und das Bundesumweltministerium müssten für einen Nationalpark kein „Einvernehmen“, sondern ein „Benehmen“ erteilen, interpretiert der frühere Minister Peter Hauk die geltenden Gesetze und Regeln. Für ihn sind die Kriterien lediglich Empfehlungen. „Der Landtag als Gesetzgeber ist autonom. Wir könnten notfalls auch im Dissens autonom darüber entscheiden“, betonte der CDU-Fraktionschef.

Eckpunkte hinter verschlossenen Türen erarbeitet

Die zehn Eckpunkte hat jüngst eine kleine Projektgruppe mit CDU-Abgeordneten und ausgewiesenen Nationalparkgegnern hinter verschlossenen Türen erarbeitet (die StZ berichtete). Demnach soll der „Bürgernationalpark“ mit rund 5000 bis 6000 Hektar deutlich kleiner werden als der von der Landesregierung geplante Nationalpark Schwarzwald mit insgesamt 10 000 Hektar, aufgeteilt auf die beiden Gebiete Hoher Ochsenkopf und Ruhestein. Auch will die CDU mit Rücksicht auf die Sägeindustrie ihr Gebiet überwiegend auf die weniger ertragreichen Flächen oberhalb von 900 Metern Höhe verschieben, keinen „künstlichen Waldumbau“ vornehmen, den Borkenkäfer auch innerhalb des Nationalparks bekämpfen und lediglich – wie bisher schon – die Bannwaldflächen davon ausnehmen. Die laufenden jährlichen Kosten sollen laut CDU bei unter vier Millionen Euro liegen statt wie im Regierungsentwurf bei sieben Millionen Euro. Peter Hauk setzt in Sachen Bürgerbeteiligung ausgerechnet auf die radikalsten Gegner vor Ort, die sich bisher jeglicher Diskussion verweigert und weder Alternative noch Kompromiss akzeptiert hatten. „Ja zum Wald, nein zum Nationalpark“ – gemäß dieser Devise hatten die Mitglieder des Vereins „Unser Nordschwarzwald“, allen voran dessen Vorsitzender Andreas Fischer, die Ängste in der Bevölkerung vor einer ungezügelten Ausbreitung des Borkenkäfers geschürt und den Nutzen eines Nationalparks diskreditiert: „Hauptprofiteure eines Nationalparks sind die Fäulnisbewohner auf dem Totholz“, so Fischer damals. Dennoch kann sich CDU-Fraktionschef Peter Hauk bei der Beteiligung der Menschen vor Ort, wie er sagt, „keinen besseren Bürger vorstellen als den Herrn Fischer“.

Die CDU-Pläne umfassen Flächen über 900 Meter

Minister Bonde: Hauk drückt sich um ehrliche Antwort

Der Naturschutzminister Alexander Bonde (Grüne) übte scharfe Kritik an dem Konzept, das im Schnellverfahren von einer „handverlesenen Gruppe im Hinterzimmer zusammengemauschelt“ worden sei. Der Fraktionsführer drücke sich erneut um eine ehrliche Antwort. Für Hauk – er ist Förster von Beruf – sei Wald offensichtlich nichts anderes als „ein Haufen ungesägter Bretter“, sagte Bonde erzürnt. Die CDU müsse sich entscheiden: „Will sie einen Nationalpark mit Naturschutz oder nicht?“

Die SPD-Fraktion sprach von „Hauk-Fantastereien“. Diese seien „sachlich falsch, viel zu spät“ und angesichts der bevorstehenden zweiten Lesung des Gesetzes „politischer Unsinn“. Der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel lobte zugleich die „naturverbundenen Kreise der CDU“, die einen Nationalpark befürworten und sich vor Ort an der zwei Jahre dauernden Vorbereitung des Gesetzentwurfs beteiligt hatten. Hauk wolle offensichtlich durch „Falschaussagen verwirren“ und einen „billigen Discounter-Nationalpark zu Lasten des Naturschutzes propagieren“, sagte der Naturschutzexperte der Grünen, Markus Rösler. Der Landeschef des Nabu, Andre Baumann zeigte sich „schockiert“, dass Hauk nun mit Fischer, einem der radikalsten Nationalparkgegner „gemeinsame Sache“ mache. Dass beide den Bürgerbeteiligungsprozess der Regierung negieren und behaupten, man sei nicht eingebunden gewesen, mache ihn fassungslos. Für den Verein „Mehr Demokratie“ ist der Vorstoß von Hauk eine „Geisterfahrt“, er sei geprägt von einem „mangelhaften Beteiligungsverständnis, gepaart mit einem ordentlichen Schuss Vorwahlkampf für 2016“, so der Landesgeschäftsführer Christian Büttner.

Der Nabu appelliert ebenso wie der Bund für Umwelt- und Naturschutz in einem Brief an die CDU-Abgeordneten, für den Nationalpark zu stimmen. Die FDP lehnt einen Nationalpark weiter ab, lobte aber das CDU-Konzept, zur Beteiligung.