Das große Problem der CDU im Land ist das Personal, kommentiert Andreas Müller. Guido Wolf ist dabei nicht einmal das größte Problem der Partei.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Ja, es war eine Schicksalswahl für die Südwest-CDU. Ihr Dauerabonnement auf die Macht ist endgültig abgelaufen, ihr Nimbus als Baden-Württemberg-Partei schwer beschädigt. Dass sie nur als Juniorpartner der Grünen wieder regieren könnte, ist die größtmögliche Demütigung.

 

Doch das Schicksal der CDU im Land ist mitnichten besiegelt. Noch hat sie die Chance, eines Tages wieder an ihre alte Stärke anzuknüpfen. Keine andere Partei ist zwischen Odenwald und Bodensee so verankert wie sie, keine hat den Regierungs- und Behördenapparat vergleichbar durchdrungen und den vorpolitischen Raum – von der Blasmusik bis zum Roten Kreuz – derart konsequent besetzt.

Umgekehrt besteht aber auch das Risiko, dass die   Christdemokraten den Anschluss an die gesellschaftliche Entwicklung verlieren. Sie könnten dann im gesamten Land – so wie zunehmend schon in den Städten – zum Auslaufmodell werden.

Hauptproblem der CDU: das Personal

Vieles hängt von den nächsten Jahren ab und davon, welche Weichen dafür in diesen Tagen gestellt werden. Vordergründig gilt es, die Führungs- und die Koalitionsfrage zu klären. Das Hauptproblem der Partei aber ist ihre dünne Personaldecke in der Landespolitik – und das zu Zeiten, in denen Personen immer wichtiger werden.

Schon bei der Wahl 2011 war es ein Armutszeugnis, dass die CDU niemand Besseren als Stefan Mappus aufbieten konnte. Für 2016 überzeugte Guido Wolf die Partei zwar mehr als Thomas Strobl, entfachte aber intern kaum Begeisterung – und bei den Wählern noch weniger. Strobl ist sicher der gewieftere Politprofi, steht aber auch nicht gerade für Aufbruch und Neubeginn. In der künftigen Landtagsfraktion fehlen zudem liberale städtische Abgeordnete, mehr als bisher dominiert dort das konservative und ländliche Element. Wie soll da die nötige Modernisierung gelingen?

Das Problem der CDU: das Personal

Regieren oder opponieren – auch diese, für die CDU höchst schwierige Entscheidung hängt zentral an Personen. Theoretisch könnte sich die Partei in der Opposition weiter erneuern und dann 2021 wieder kraftvoll angreifen. Aber diese Chance hat sie schon in den vergangenen Jahren kaum genutzt. Wo sind die Köpfe, die es diesmal besser machen könnten? Als Fraktionschef konnte sich Wolf zwar behaupten, auch unter Berufung auf sein eigentlich abgelaufenes Mandat von den Mitgliedern, sitzt aber keineswegs fest im Sattel.

In einer Koalition mit den Grünen befürchtet die CDU zwar, wie zuvor die SPD von Kretschmann „kleinregiert“ zu werden, aber die Angst davor erscheint übertrieben – zumal umgekehrt auch die Grünen ziemlichen Respekt vor dem machterfahrenen Partner hätten. Inhaltlich gibt es genügend Schnittmengen für gemeinsame Projekte, die Gegensätze – oft nur persönliche Animositäten – sollten sich überwinden lassen. Profil könnte die CDU in einem solchen Bündnis indes nur gewinnen, wenn sie ihre Kabinettsposten überzeugend besetzt – das hieße: gerade nicht, jedenfalls nicht vorrangig, mit jenen Aspiranten aus der Landtagsfraktion, die sich schon lange für ministrabel halten.

Parteibasis beteiligen? Ja, aber

In den Rathäusern, im Bundestag und im Europaparlament hat die CDU immer noch gute Leute, fachlich wie persönlich überzeugende Männer und Frauen. Wenn sich der eine oder die andere nach Stuttgart locken ließe, könnte das der Partei nur guttun. Im Wettbewerb der Minister könnte sich dann herausschälen, wer das Zeug zum Spitzenkandidaten bei der nächsten Wahl hat.

Natürlich müsste die Parteibasis bei Grün-Schwarz beteiligt werden. Doch wer jetzt einem Mitgliedervotum das Wort redet, will diese Option nur torpedieren. Die CDU-Basis – älter und männlicher als der Durchschnitt der Bevölkerung – taugt nur noch bedingt als Referenz. Nötig ist eine Führung, die die Südwest-CDU auch gegen innere Widerstände modernisiert. Das ist nichts weniger als eine Schicksalsfrage.