Nach der verlorenen OB-Wahl wollen etliche CDU-Mitglieder in Karlsruhe erst eine Personalaussprache – und nicht sofort eine Nominierung des Kreischefs und KSC-Vorsitzenden Ingo Wellenreuther.

Karlsruhe - Die nach wie vor größte Partei in Karlsruhe kommt nicht zur Ruhe: nach der verlorenen OB-Wahl im vergangenen Dezember fordern Kritiker eine inhaltliche Aufarbeitung – und einen Neubeginn. Im Fokus steht dabei der gescheiterte Kandidat Ingo Wellenreuther, der seit 2002 CDU-Chef in Karlsruhe ist, und seitdem auch im Bundestag sitzt. Er hatte bereits im ersten Wahlgang eine herbe Niederlage erlitten: mit 55,25 Prozent der Stimmen wurde der gemeinsame Kandidat von SPD und Grünen, Frank Mentrup, Staatssekretär im Kultusministerium, gewählt. Wellenreuther lag fast 20 Prozentpunkte dahinter.

 

Noch am Tag nach der Wahlschlappe hatte der CDU-Kreisvorstand Wellenreuther das Vertrauen ausgesprochen. Vor rund 85 Funktionsträgern hatte Wellenreuther in einer „offenen Aussprache“ einen, wie Teilnehmer sagten, „45-minütigen Monolog über seinen Einsatz im OB-Wahlkampf gehalten“. Ihm sei, sagen CDU-Kenner, an diesem Abend und auch in den darauffolgenden Tagen mehrfach nahegelegt worden, den Kreisvorsitz niederzulegen. Darauf ging Wellenreuther jedoch nicht ein. Mehr als hundert Kritiker – darunter die Ex-Sozialministerin Barbara Schäfer-Wiegand und der frühere CDU-Fraktionschef Klaus Heilgeist – veröffentlichten daraufhin einen offenen Brief.

Die Kritiker befürchten einen Absturz der CDU

So wie die CDU nach 1970 zur bestimmenden politischen Kraft in Karlsruhe geworden sei, so müsse jetzt verhindert werden, dass der schleichende Abstieg der letzten Jahre (bis 2004 hatte sie 22 Stadträte, bis 2009 waren es 19, seither sind es noch 14) zu einem rasanten Absturz werde, heißt es darin. Wellenreuthers „außerordentlicher Einsatz“ im OB-Wahlkampf wurde zwar durchaus gewürdigt, die Unterzeichner forderten den Kreisvorstand jedoch auf, den für den 25. Januar geplanten Kreisparteitag „als Parteitag des Nachdenkens über die Zukunft der Karlsruher CDU zu nutzen“. „Eine Aussprache nach einer derartigen Niederlage kann nur im Rahmen eines offenen Kreisparteitags stattfinden. 95 Prozent der Mitglieder außen vor zu lassen zeige Kleinmut“, moniert etwa Gregor Wick, der Vorsitzende des Wirtschaftsflügels der Karlsruher CDU.

Ein Weiter-so wollen auch andere Kritiker nicht mehr hinnehmen. Wellenreuther, der seit 2010 auch KSC-Präsident ist, hatte Anfang Dezember angekündigt, von seinem Stadtratsmandat zurückzutreten. Doch er sitzt nach wie vor in dem Gremium.

Ein wenig Selbstkritik wird auch vermisst

Eine Schar innerparteilicher Kritiker moniert zudem, Wellenreuther suche die Gründe für die Niederlage „zu 90 Prozent bei externen Personen und Faktoren“, nur nicht bei sich selbst. Vorwürfe stehen im Raum, hier gehe es „um Eigeninteressen“, zudem bestehe die Gefahr, die CDU werde „weiterhin nur in kleinen Zirkeln agieren“.

Ob Wellenreuther am kommenden Freitag erneut zum Kandidaten für den Bundestag nominiert wird, ist offen. Die Kritiker wollen die Veranstaltung für eine Personaldebatte nutzen. Zum Parteitag hatte Ingo Wellenreuther als CDU-Kreischef selbst eingeladen. Wie er sich dort präsentieren will, darüber schweigt er derzeit – auf Anfrage der StZ gab er eine Stellungnahme ab, die nicht erkennen lässt, dass er an eine Verschiebung der Nominierung zum Bundestagskandidaten denkt.