Die Landes-CDU bestellt Guido Wolf am Samstag offiziell zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2016. Im Netz sind Wolfs Bemühungen um ein neues Image bereits sichtbar.

Ulm - Streit war gestern, jetzt herrscht Harmonie. Es braucht keine seherischen Gaben, um sich die Kür von Guido Wolf zum CDU-Spitzenkandidaten als Jubelparteitag vorzustellen. Dafür trägt schon Kanzlerin Angela Merkel Sorge, die nach Ulm kommen wird, um den – Landtagspräsident hin oder her – bisher die Provinzbühnen bespielenden Wolf in die große Politik aufzunehmen. Schließlich geht es im kommenden Jahr bei der Landtagswahl für die Christdemokraten um die Rückeroberung ihres angestammten Reviers; und in Revierkämpfen kennt sich Wolf ausweislich seiner Homepage ja aus.

 

Das musste vor Weihnachten bitterlich CDU-Landeschef Thomas Strobl erfahren, der in der Mitgliederbefragung das Nachsehen hatte. Inzwischen hat Wolf auch im Internet auf Staatsmann umgeschaltet. Wer das noch nicht mitbekommen hat und ein bissiges www.der-wolf-im-revier.de eintippt in den Computer eintippt, landet flugs bei www.guidowolf.info. Im Netz präsentiert sich der neue Bestimmer in der Landes-CDU betont präsidial.

Milde für Strobl, Härte gegen Hauk

Leben und leben lassen – aufgeklärte Katholiken folgen dieser Maxime, auch wenn sie nicht biblischen oder römischen Ursprungs ist, sondern von Schiller stammt. Der pietistisch erzogene schwäbische Dichter, der später in Weimar erfolgreich um Asyl nachsuchte, war eher der Bildungsreligion als der Offenbarungsreligion zugewandt, kann aber auch dem katholischen Oberschwaben Wolf als Vorbild dienen.

Und so kam es, dass der nach dem Triumph bei der Mitgliederbefragung seinem gescheiterten Widerpart Thomas Strobl ein eigenes Plätzchen im Revier überließ: der ob der Niederlage erkennbar geschockte Landesparteichef bleibt einstweilen Landesparteichef. Das dient der Einheit der Partei – ein Friedensangebot an jene 44 Prozent der Abstimmenden, die bei der Mitgliederbefragung auf Strobl gesetzt hatten. Selbst Strobls Gegner in der Landtagsfraktion ziehen mit. „Das ist ok, das dient der Geschlossenheit“, sagt ein Abgeordneter. Strobl wiederum bringt als Stellvertreter Angela Merkels im CDU-Bundesvorsitz mehr Gewicht auf die Waage, wenn er zugleich auch dem zweitgrößten CDU-Landesverband vorsteht.

In der „Rhein-Neckar-Zeitung“ räumte er dieser Tage ein: „Nach einer solchen Enttäuschung braucht man ein paar Tage, um das zu verdauen.“ Nun aber gehe er mit großem Elan ins neue Jahr. Dazu mag auch die Überlegung beigetragen haben, dass die Rolle der beleidigten Leberwurst für seine Zukunft in Berlin nicht gerade förderlich wäre. Strobl will sich nun darauf konzentrieren, die Interessen der Landes-CDU auf Bundesebne zur Geltung zu bringen.

Bei Peter Hauk, dem Vorsitzenden der Landtagsfraktion, zeigte Spitzenkandidat Wolf weniger Beißhemmung. Konnte er mit dem Verzicht auf den Landesvorsitz die Fähigkeit zur Selbstbescheidung demonstrieren – nicht Machtversessenheit sondern Gestaltungswillen soll ihn antreiben –, so griff er beherzt nach Hauks Posten in der Landtagsfraktion. Hauk verwies vergebens darauf, dies sei doch anders abgemacht gewesen. Doch Wolf braucht die inhaltliche Zuarbeit des Fraktionsapparats, um Grün-Rot in der Sache Paroli bieten zu können, und er braucht die Bühne des Landtags, um als Widerpart des Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann wahrgenommen zu werden. Am Dienstag wählt ihn die Fraktion zu ihrem neuen Vormann. Für Hauk wurde der Posten eines Ersten stellvertretenden Vorsitzenden geschaffen.

Hie und da ein rhetorischer Patzer

Wolf weiß, dass nun jedes seiner Worte gewogen werden wird. Im Sommer leistete er sich noch den einen oder anderen Patzer, etwa, als er die CDU eine „Allerweltspartei“ nannte. Jüngst griff er den Satz auf, in Berlin seien Weihnachtsmärkte in Wintermärkte umbenannt worden. Eine Behauptung, die wenige Tage zuvor auch von den Nationalkonservativen beim AfD-Landesparteitag in Karlsruhe kolportiert worden war. Die Sache sei frei erfunden, schimpften die Grünen. Wolf falle auf „Verschwörungstheoretiker“ herein. In der Debatte um den Islam ging er zuletzt auf Distanz zu Kanzlerin Merkel. Auf die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehöre, antwortet er: „Muslime gehören zu Baden-Württemberg.“ Das Wort Islam vermied er.

Wegen des Parteitags fällt in diesem Jahr die CDU-Jahresklausur in Kloster Schöntal (Hohenlohekreis) aus. Statt dessen treffen sich die Mandatsträger und Parteifunktionäre bereits am Freitagabend in Ulm. Am Samstag steht dann noch die Bestellung der bisher kommissarisch wirkenden CDU-Generalsekretärin Katrin Schütz auf dem Programm; vor allem aber die Wahl des Spitzenkandidaten durch den Parteitag. Vor zehn Jahren erhielt Günther Oettinger nach einem noch härteren innerparteilichen Wahlkampf gegen die damalige Kultusministerin Annette Schavan 94,7 Prozent. Wenn es um die Macht geht, hat die Landes-CDU noch immer zur Geschlossenheit gefunden.