Es gibt Christdemokraten, die Wolfs Strategie für verfehlt halten. „Wer Kretschmann haben will, wählt Kretschmann“, sagt ein Mitglied des Parteivorstands. „Nicht Kretschmann light.“ Auch Thomas Strobl habe seine Defizite, doch der Landeschef sei politischer, verfüge über mehr Erfahrung und zeige, wenn es darauf ankomme, auch den klareren inhaltlichen Duktus. Andere sagen, Wolf sei dank seiner geschmeidigen, mitunter auch mit allerlei Girlanden behangenen Rhetorik der bessere Spitzenkandidat, Strobl im Zweifel der fähigere Ministerpräsident. Dann gibt es noch die Vertreter des Neutralisierungstheorems: Wolf ermögliche es CDU-Wählern, die den schneidigen Ton satt hätten, der Partei treu zu bleiben – trotz Kretschmann. „Wir brauchen jemand, der Kretschmann neutralisiert, so gut es eben geht“, sagt ein führendes Parteimitlied. Jedoch erhebt sich auch dagegen Widerspruch: Strobl verfüge über das bessere Gespür. Als „Allerweltspartei“ hätte er – anders als Wolf – die CDU jedenfalls nicht hingestellt.

 

Tatsächlich hat Wolf als Politiker bisher kaum Spuren hinterlassen. Wie auch. Zwar kommt er aus einer politischen Familie: sein Großvater Franz Weiß war nach dem Krieg Landwirtschaftsminister in Württemberg-Hohenzollern gewesen, doch der Lebensweg des Enkels führte ins politiknahe Beamtentum. Der verheiratete Jurist Wolf war persönlicher Referent des Verkehrsministers Thomas Schäuble, avancierte zum Verwaltungsrichter, der viel mit Asylsachen zu tun hatte (zuständig für Afghanistan, Nepal und Restjugoslawien inklusive Kosovo), er schaffte es bald darauf ins Staatsministerium als Referatsleiter unter Erwin Teufel. „Dort habe ich Blut geleckt, was die Politik angeht“, sagt er. Schließlich wurde er zum Ersten Bürgermeister in Nürtingen und dann zum Landrat in Tuttlingen gewählt. In jungen Jahren verlor er die OB-Wahl in seiner Heimatstadt Weingarten. 2006 zog Wolf in den Landtag ein und wurde 2011 zum Landtagspräsidenten gewählt. Ein Amt, das zu parteipolitischer Zurückhaltung verpflichtet.

Wolf versucht aus der Not eine Tugend zu machen, indem er sich als „geerdet“ bezeichnet und auf die kommunalen Wurzeln Erwin Teufels verweist. Dessen Regierungszeit habe „nicht die schlechtesten Jahre Baden-Württembergs“ umspannt. Doch als Wolf als Landtagspräsident ein Mal wirklich gefordert war, ging es schief: Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) hatte ihn per Brief („Vertraulich/Persönlich“) darauf aufmerksam gemacht, dass es im Untersuchungsausschuss zur EnBW-Affäre ein Leck gebe. Statt der Sache nachzugehen, verräumte Wolf das Schreiben im Aktenschrank. Später kam heraus, dass der Ausschussvorsitzende Ulrich Müller (CDU) den früheren Regierungschef Stefan Mappus mit vertraulichen Akten gefüttert hatte. Müller trat zurück.

Das zweite Fragezeichen, dem sich Wolf stellen muss, zielt auf den Kern seiner Kampagne: auf das Bild des „Integrators“. Wolf sei nicht der, der er vorgibt zu sein. Wegbegleiter berichten, er reagiere patzig auf Widerworte, vertrage keine Kritik und verliere in Stresssituationen schnell die Souveränität. Das Interesse an den Menschen sei nicht echt. Dem halten Wohlmeinende entgegen, der Mann sei Landrat gewesen. „Ein Landrat ist Gott, der ist Widerspruch einfach nicht gewohnt, schon gar nicht ein Landrat in Tuttlingen.“

Im Dorfgemeinschaftshaus Tautenhofen präsentiert sich Wolf von seiner Schokoladenseite. Er setzt seinen Plan vom Sommer um. Zwar kritisiert er Grün-Rot in vielerlei Hinsicht: in der Schulpolitik („gleichmacherisch“), in der Finanzpolitik („zu wenig ambitioniert“), in der Verkehrspolitik („Ich sage jetzt nur: Winfried Hermann“). Doch rät er, „als CDU-Politiker nicht zu behaupten, alles sei falsch gemacht worden von der Landesregierung“. Wer Parteipolitik nur um des Streites willen betreibe, habe in den Augen der Menschen ausgedient. Die Wahl 2011 habe man unter anderem deshalb versemmelt, weil die CDU nach 58 Regierungsjahren vom Virus der Überheblichkeit befallen gewesen sei.

Zweifel an seiner Kompetenz nagen an der Partei

Es gibt Christdemokraten, die Wolfs Strategie für verfehlt halten. „Wer Kretschmann haben will, wählt Kretschmann“, sagt ein Mitglied des Parteivorstands. „Nicht Kretschmann light.“ Auch Thomas Strobl habe seine Defizite, doch der Landeschef sei politischer, verfüge über mehr Erfahrung und zeige, wenn es darauf ankomme, auch den klareren inhaltlichen Duktus. Andere sagen, Wolf sei dank seiner geschmeidigen, mitunter auch mit allerlei Girlanden behangenen Rhetorik der bessere Spitzenkandidat, Strobl im Zweifel der fähigere Ministerpräsident. Dann gibt es noch die Vertreter des Neutralisierungstheorems: Wolf ermögliche es CDU-Wählern, die den schneidigen Ton satt hätten, der Partei treu zu bleiben – trotz Kretschmann. „Wir brauchen jemand, der Kretschmann neutralisiert, so gut es eben geht“, sagt ein führendes Parteimitlied. Jedoch erhebt sich auch dagegen Widerspruch: Strobl verfüge über das bessere Gespür. Als „Allerweltspartei“ hätte er – anders als Wolf – die CDU jedenfalls nicht hingestellt.

Tatsächlich hat Wolf als Politiker bisher kaum Spuren hinterlassen. Wie auch. Zwar kommt er aus einer politischen Familie: sein Großvater Franz Weiß war nach dem Krieg Landwirtschaftsminister in Württemberg-Hohenzollern gewesen, doch der Lebensweg des Enkels führte ins politiknahe Beamtentum. Der verheiratete Jurist Wolf war persönlicher Referent des Verkehrsministers Thomas Schäuble, avancierte zum Verwaltungsrichter, der viel mit Asylsachen zu tun hatte (zuständig für Afghanistan, Nepal und Restjugoslawien inklusive Kosovo), er schaffte es bald darauf ins Staatsministerium als Referatsleiter unter Erwin Teufel. „Dort habe ich Blut geleckt, was die Politik angeht“, sagt er. Schließlich wurde er zum Ersten Bürgermeister in Nürtingen und dann zum Landrat in Tuttlingen gewählt. In jungen Jahren verlor er die OB-Wahl in seiner Heimatstadt Weingarten. 2006 zog Wolf in den Landtag ein und wurde 2011 zum Landtagspräsidenten gewählt. Ein Amt, das zu parteipolitischer Zurückhaltung verpflichtet.

Wolf versucht aus der Not eine Tugend zu machen, indem er sich als „geerdet“ bezeichnet und auf die kommunalen Wurzeln Erwin Teufels verweist. Dessen Regierungszeit habe „nicht die schlechtesten Jahre Baden-Württembergs“ umspannt. Doch als Wolf als Landtagspräsident ein Mal wirklich gefordert war, ging es schief: Justizminister Rainer Stickelberger (SPD) hatte ihn per Brief („Vertraulich/Persönlich“) darauf aufmerksam gemacht, dass es im Untersuchungsausschuss zur EnBW-Affäre ein Leck gebe. Statt der Sache nachzugehen, verräumte Wolf das Schreiben im Aktenschrank. Später kam heraus, dass der Ausschussvorsitzende Ulrich Müller (CDU) den früheren Regierungschef Stefan Mappus mit vertraulichen Akten gefüttert hatte. Müller trat zurück.

Das zweite Fragezeichen, dem sich Wolf stellen muss, zielt auf den Kern seiner Kampagne: auf das Bild des „Integrators“. Wolf sei nicht der, der er vorgibt zu sein. Wegbegleiter berichten, er reagiere patzig auf Widerworte, vertrage keine Kritik und verliere in Stresssituationen schnell die Souveränität. Das Interesse an den Menschen sei nicht echt. Dem halten Wohlmeinende entgegen, der Mann sei Landrat gewesen. „Ein Landrat ist Gott, der ist Widerspruch einfach nicht gewohnt, schon gar nicht ein Landrat in Tuttlingen.“

Im Dorfgemeinschaftshaus Tautenhofen präsentiert sich Wolf von seiner Schokoladenseite. Er setzt seinen Plan vom Sommer um. Zwar kritisiert er Grün-Rot in vielerlei Hinsicht: in der Schulpolitik („gleichmacherisch“), in der Finanzpolitik („zu wenig ambitioniert“), in der Verkehrspolitik („Ich sage jetzt nur: Winfried Hermann“). Doch rät er, „als CDU-Politiker nicht zu behaupten, alles sei falsch gemacht worden von der Landesregierung“. Wer Parteipolitik nur um des Streites willen betreibe, habe in den Augen der Menschen ausgedient. Die Wahl 2011 habe man unter anderem deshalb versemmelt, weil die CDU nach 58 Regierungsjahren vom Virus der Überheblichkeit befallen gewesen sei.

Solche Selbstkritik wird selbst im Allgäu nicht mehr als Schwächezeichen gedeutet. „Man muss auch die anderen gelten lassen“, sagt einer der älteren Herren, seit 30 Jahren in der CDU, die Hände von der Arbeit gezeichnet. Dieser Guido Wolf gefällt ihm. Wolf, die Lichtgestalt der CDU, grüßt ein letztes Mal, dann verschluckt ihn die Nacht. Drinnen ist der Satz zu hören, der in der CDU immer noch das stärkste Argument für einen Kandidaten liefert: „Mit Wolf können wir gewinnen.“