Von ihrem neuen Spitzenkandidaten und Fraktionschef Guido Wolf hat sich die CDU eine Aufbruchstimmung über die Partei hinaus erhofft. Doch die Umfragewerte sind mau, Wolf kämpft mir Startschwierigkeiten. Eine Zwischenbilanz.

Stuttgart - Für Guido Wolf heißt es jetzt, Ruhe zu bewahren. „Cool bleiben“ will er. Die Wendung zieht sich in mancherlei Varianten durch den Auftritt des CDU-Spitzenkandidaten am Mittwoch vor der Landespressekonferenz – der ersten in dieser Runde seit Wolfs Wahl zum CDU-Fraktionschef Ende Januar. Ein Gebaren, das als nicht überstürzt gewertet wird.

 

Auch im Landtag fiel Wolf bisher weder als Redner auf noch als Stratege, der mit einer überzeugenden Themenwahl die grün-rote Landesregierung in die Enge zu treiben wüsste. Dabei hatte er im Machtkampf mit CDU-Landeschef Thomas Strobl um die Spitzenkandidatur, zum Beispiel bei der Regionalkonferenz in Singen, noch Großes in Aussicht gestellt: „Wir müssen Grün-Rot in der Hauptarena der Landespolitik stellen: im Landtag.“

Davon kann bis jetzt keine Rede sein. Bis hinein in die eigenen Reihen stößt auf Kritik, dass er jüngst nicht in die Parlamentsdebatte um die angebliche Demontage der Gymnasien eingriff – Letzteres ein Skandalon, das just die CDU zuvor entdeckt und mit ziemlich viel heißer Luft aufgeblasen hatte. Wolf aber schwieg und überließ die Sache einem seiner Stellvertreter.

Später ergriff er das Wort, um Gewalt gegen Polizisten anzuprangern. Ein Ansinnen, das auf ungeteilte Zustimmung stieß – und verpuffte. Die von Wolf gewünschte Gesetzesverschärfung bei Angriffen auf Polizisten hielten sogar die alten Freunde von der FDP für unnötig. „Etwas mehr Trittsicherheit bei der Themensetzung“ wünscht sich mancher Christdemokrat. Der Spitzenkandidat aber mahnt, die Nerven zu bewahren: Er wolle sein „Pulver nicht zu früh verschießen“, sagt er.

Wolf rudert zurück

In der Landes-CDU herrscht noch keine Unruhe, ein Unbehagen ist allerdings zu spüren. Der Spitzenkandidat habe sich noch keinen echten Klops geleistet, aber „viele kleine Fehler“, befindet ein Mitglied des CDU-Landesvorstands. Zu den größeren unter den kleinen Fehlern zählt Wolfs vorschnell vorgetragene Verständnis für die Stromtrassenpläne des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU), der die „Südlink“-Leitungen gern durch Hessen und Baden-Württemberg geführt sähe, nicht aber durch sein blau-weiß funkelndes Heimatland.

Als Grün-Rot Seehofer in die Parade fuhr, tadelte Wolf die „verbalen Attacken“, die nur die gemeinsame Gesprächsbasis mit der CSU-Regierung in München beschädigten. Blöd nur für einen CDU-Spitzenkandidaten: Die Spitzen der Wirtschaftsverbände im Südwesten droschen nicht weniger engagiert auf Seehofer ein als die grün-rote Landesregierung. Der Bayer gefährde die Energiewende und die Wettbewerbsfähigkeit der süddeutschen Industrie gleich mit dazu. Wolf ruderte zurück und verwarf nun seinerseits den bayerischen Vorschlag. Im Übrigen müsse man nun „ganz nüchtern“ das Verfahren bei der Bundesnetzagentur abwarten.

Wolf glaubt mit einigem Recht, dass er die Landtagswahl am 13. März nicht mit lichtvollen Reden im Landtag gewinnt. „Wir gehen Schritt für Schritt voran und lassen uns nicht aus der Ruhe bringen“, sagt er. Für dringlicher hält er die Aufgabe, sich bekannt zu machen. Denn auch wenn Politiker gerne so tun, als interessierten sie Umfragen nicht besonders, so ist doch das Gegenteil der Fall.

Dass die CDU in den beiden Umfragen seit Wolfs Spitzenkandidatenkür bei lediglich 38 Prozent landete, kann ihn nicht kalt lassen. Allein schon deshalb nicht, weil dieser Wert – ein Prozentpunkt unter dem Wahlergebnis von Stefan Mappus 2011 und deutlich unter jenen knapp 46 Prozent, welche die Landes-CDU bei der Bundestagswahl einfuhr – in der Partei Ernüchterung auslöste. Der von der Kür des Spitzenkandidaten erhoffte Jubel in der Wählerschaft blieb aus. Auch Wolf sieht noch „Luft nach oben“, kann diesem Umstand jedoch den positiven Aspekt abgewinnen, dass in der Partei „nicht die Stimmung aufkommt, die Wahl sei schon gelaufen“.

Generalsekretärin de facto entmachtet

Als Wahlkampfleiter hat Wolf den Bundestagsabgeordneten und früheren Donaueschinger OB Thorsten Frei gewonnen. Der Mann mit dem Kennedy-Touch gilt als Parteiliebling. Bitter ist das allerdings für Generalsekretärin Katrin Schütz, die anders als ihre Vorgänger beim Wahlkampf nur noch irgendwie mit dabei sein wird. Sie musste ihre Entmachtung auch noch selbst verkünden.

Wolf war bei der Sitzung des Landesvorstands gar nicht anwesend. Erst auf dem Landesparteitag im Januar war Schütz formell zur Generalsekretärin gewählt worden. Nun ist es schon wieder vorbei mit der Frauenpower in der CDU.

Immerhin hat die Partei erkannt, dass sie nicht damit rechnen kann, Grün-Rot werde von einer im Normalfall konservativen Grundstimmung im Land weggeweht. „Die Menschen wollen Gründe, warum sie uns wählen sollen“, sagt einer aus der Parteiführung. Wolf weiß das. Als Angriffspunkt auf die Landesregierung hat er die rasant gestiegene Zahl der Wohnungseinbrüche identifiziert. Das habe auch mit der Polizeireform zu tun, befindet der Spitzenkandidat: „Der Polizeiapparat war und ist durch die Strukturreform zu sehr mit sich selbst beschäftigt.“

Auch die von der CDU gern mit dem Attribut „chaotisch“ belegte grün-rote Bildungspolitik gilt als viel versprechendes Wahlkampfsujet. Allerdings haben die Christdemokraten auf diesem Feld selbst noch Klärungsbedarf. Wolf zum Beispiel hält wenig von der Rückkehr zur verbindlichen Grundschulempfehlung. In der Partei aber gibt es starke Sympathien dafür. Innere Sicherheit, Bildung: Weitere Themen sollen folgen. Wolf verspricht: „Wir werden die Schlagzahl erhöhen.“