Der Kreisparteitag am 10. November verspricht spannend zu werden. Einige CDU-Bezirksfürsten wollen die Gelegenheit zur Abrechnung mit unliebsamen Mandatsträgern nutzen.

Stuttgart - Die Stuttgarter CDU hadert noch immer mit der verlorenen OB-Wahl. Während diverse CDU-Stadträte eine kritische Aufarbeitung der Niederlage des von der Partei unterstützten Unternehmers Sebastian Turner fordern und die Wahlkampfstrategie Turners und seines Wahlkampfmanagers, des Kreisvorsitzenden Stefan Kaufmann, hinterfragen, hat der Parteichef in einem Brief an die Mitglieder sein eigenes Fazit gezogen. Darin schließt er sich weitgehend der Analyse seines Vor-Vorgängers Christoph Palmer an, der das Ergebnis als Zäsur für die Christdemokraten gewertet und der Partei bescheinigt hatte, ihre Kampagnenfähigkeit sei noch steigerungsfähig (die StZ berichtete). Die Niederlage stelle aber „nicht den eingeschlagenen Kurs der Öffnung in Frage“, so Kaufmann. Zugleich fordert der Bundestagsabgeordnete von allen Parteifreunden Geschlossenheit ein, um bei der Bundestagswahl im Herbst kommenden Jahres bestehen zu können – ein Seitenhieb auf jene Christdemokraten, die sowohl Turners Nominierung als auch das Wahlkampfkonzept intern und öffentlich kritisiert hatten.

 

Zumindest bei einigen CDU-Bezirksgruppen scheinen Kaufmanns Worte auf fruchtbaren Boden zu fallen. Auch dort hat man die mangelnde Geschlossenheit als Hauptursache für das Wahldebakel ausgemacht – und auch gleich die dazugehörigen Parteimitglieder identifiziert. Neben der Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann sowie der stellvertretenden Kreisvorsitzenden und Stadträtin Iris Ripsam, die beide demonstrativ nicht auf der Unterstützerliste Turners in Erscheinung traten, gilt der Unmut aber auch einer Reihe von Funktions- und Mandatsträgern, die im Parteijargon „Dandys“ genannt werden.

Dazu zählen nach StZ-Informationen der Regionalpräsident und Vize-Kreisvorsitzende Thomas Bopp sowie die Stadträte Jürgen Sauer, Joachim Rudolf, Klaus Nopper und Nachrücker Uli Endress. Ihnen attestieren die Vertreter der CDU-Bezirksgruppen zu wenig Einsatz im Wahlkampf, Illoyalität und – bemerkenswert für eine demokratische Partei – von der Parteilinie abweichende Meinungen. Zum Kreis der Verdächtigen gehört auch der Pressesprecher der Kreispartei, Hendrik Warda.

Abstrafaktionen bei der nächsten Kreisversammlung?

Insbesondere die Kaufmann-Stellvertreterin Ripsam gilt bei den Konservativen in der CDU mittlerweile als Paria. Ihr wird unter anderem unterstellt, Interna an die Presse weitergegeben zu haben. Geht es nach den CDU-Bezirkschefs, soll Ripsam nun bei der Neuwahl des Kreisvorstands am 10. November die Quittung erhalten und nicht wieder in den Vorstand gewählt werden. Als potenzieller Ersatz ist der Chef der CDU-Bezirksgruppe Bad Cannstatt, der frühere Stadtrat Roland Schmid, im Gespräch. Den Juristen hatte die sogenannte Sitzungsgeldaffäre 2009 sein Ratsmandat gekostet. Ihm war vorgeworfen worden, zu Unrecht einen erhöhten Betrag für die Teilnahme an Ratssitzungen kassiert zu haben. Vor dem Verwaltungsgerichtshof hatte Schmid einen Teilerfolg erzielt; die Richter bescheinigten der Stadt eine Mitschuld. Schmid zahlte die Hälfte des Betrages – rund 13 500 Euro – an die Stadt zurück und sah sich fortan vollständig rehabilitiert.

Auf StZ-Anfrage sagte Schmid, er wolle erst einmal abwarten, wer zur Wiederwahl antrete: „Ich mache das vom Kandidatentableau abhängig.“ Eine Kampfkandidatur gegen Ripsam oder Bopp schloss er aus.

Keine Gegenkandidaten für Kaufmann

Fest im Sattel dagegen scheint trotz der Wahlniederlage der Kreischef Kaufmann selbst zu sitzen. Gegenkandidaten sind nicht in Sicht – die ihm bereits einmal unterlegene Susanne Eisenmann will nach eigenen Worten „nicht die Trümmerfrau der CDU“ sein. So kann sich der Parteichef am Ende seines Rundbriefes auch ganz nonchalant „auf ein Wiedersehen beim Kreisparteitag am 10. November“ freuen.