In Halle 16 der Messe Cebit präsentieren junge Firmen zukunftsweisende Ideen. Hier trifft sich Forscher- mit Unternehmergeist.

Leben: Ricarda Stiller (rst)

Hannover - Wer mit 28 Jahren schon solch einen Lebenslauf vorweisen kann wie Matthias Lamberti, scheint sich seinen Platz unter den 50 Finalisten des erstmals stattfindenden Wettbewerbs „Code_n“ auf der Cebit verdient zu haben. „Eigentlich bin ich Imker, und ein Jahr lang war ich auch mal Koch – aber erst nachdem ich bei einer großen Bank angestellt war.“ Davor hat er Betriebswirtschaft studiert. Das habe er direkt nach dem Abi als Erstes gemacht. Moment mal, das ist längst noch nicht alles. Denn mit seinem neuesten Projekt will er nichts weniger als die Finanzwelt umkrempeln.

 

Das Projekt des Münchners Lamberti heißt „Yavalu“, eine Anspielung auf „Your Value“ und soll langfristig die Beratung in Banken – die seiner Erfahrung nach für Privatkunden mit nicht so großem Einkommen ohnehin überhaupt nicht stattfindet – komplett ablösen. Seine Idee ist, dass jeder selbst sein bester Berater ist, das gesamte Banking auf dem Smartphone abläuft und von der Yavalu-Software lediglich kontrolliert wird. Am Anfang steht ein ausführlicher Fragebogen für den Nutzer, es folgt ein Angebot zur Geldanlage bei der vertrauten Bank, und nach der Realisierung wird das Ganze regelmäßig von Yavalu kontrolliert. Das Wichtigste sei, dass die App einfach, transparent und für jeden nutzbar sei. Und dem soll man vertrauen?

Auf solch eine Frage hat Lamberti die Antwort parat. Während schon vor der Finanzkrise nur etwa ein Drittel aller Kunden noch Vertrauen in Banken hatten, sei das Vertrauen in die Technik stetig gestiegen. Womit wir beim Leitthema der diesjährigen Messe wären: „Managing Trust“. Ein externer Datenschutzbeauftragter kümmert sich um die Sicherheit der Yavalu-Handybankgeschäfte. Es klingt alles so einfach und folgerichtig, wenn der junge Unternehmer sagt, dass die meisten schon jetzt ihrem Handy mehr vertrauten als ihrem Bankberater. Ob es wirklich so leicht wird, mal eben die Finanzwelt zu revolutionieren?

Die Idee kommt aus Stuttgart

Genau solche Menschen wie Lamberti hat der Initiator des „Code_n“-Wettbewerbs, Ulrich Dietz, Chef der Stuttgarter Firma GFT, vermutlich im Sinn gehabt, als er die Idee hatte. Das „n“ steht übrigens für neu. GFT ist einer der führenden IT-Dienstleister für den Finanzsektor. Gemeinsam mit den Partnern Bitkom, Deutsche Messe Hannover, Ernst & Young, Fujitsu und dem ZKM (Zentrum für Kunst und Medientechnologie) wurden von einer Jury unter 400 Bewerbern aus 42 Ländern die 50 kreativsten Ideen ausgewählt. Diese 50 stellen noch bis Samstag ihre Konzepte und Produkte in Halle 16 aus.

Den Messestand haben der aus Esslingen stammende und international bekannte Künstler Tobias Rehberger und der Architekt Jürgen Mayer H. gemeinsam gestaltet. Nicht alle Aussteller fühlen sich wohl in dem betont futuristischen Ambiente. Dennoch sind alle froh, dass sie dabei sein dürfen. Niemand muss für den Messestand bezahlen. Und den Gewinner, der am heutigen Donnerstagabend verkündet wird, erwarten 25 000 Euro und ein zweijähriges Coaching durch die Partnerfirmen des Wettbewerbs.

Dundu fördert die Zusammenarbeit

Auch Stuttgarter Firmen sind unter den 50 Finalisten. Dundu, so heißt die Stuttgarter Riesenpuppe, die von fünf Menschen gesteuert den Besuchern der Messe in den Gängen begegnet. Dundu begann als Kunstprojekt. Nun soll mit der Puppe ein Spiel für Smartphones entstehen, so die Idee von Fabian Seewald. Es scheint, als habe die Beschaffenheit der Puppe viel Potenzial. Denn als teambildendes Symbol leisten Miniatur-Dundus bereits gute Dienste. Etwa 30 Seminare haben die kleinen Dundus und Seewald schon gegeben.

Entscheidend dabei sei, dass auch die kleinen Puppen von dem Stuttgarter Puppenbauer Tobias Hosemann nur von fünf Menschen gemeinsam gesteuert werden können. Das lehre die Teilnehmer, wie man interagiere, kommuniziere und kollaboriere. Wie diese Idee nun als Spiel auf Smartphones übertragen werden soll, das will man anhand von Fragebögen am liebsten von den Messebesuchern erfahren. So genau wisse man es nämlich noch nicht. Und es scheint, als bereite es den Dundu-Machern immer noch den meisten Spaß, die fünf Meter hohe Puppe spazieren zu führen.

Es ist die Vielfalt der Beiträge, die den Besucher am Stand von „Code_n“ verweilen lässt, auch wenn nur wenige Exponate auf den ersten Blick so spektakulär wie Dundu sind. Doch es gibt einiges zu entdecken, von dem man spontan denkt: wenn das funktioniert, dann könnte es mir den Alltag erleichtern.

Mit Blitzbox assoziativer suchen

Eine dieser Neuentwicklungen heißt Blitzbox und wird von dem Ulmer Unternehmen Derivo gezeigt. Thorsten Liebig, promovierter Informatiker im Bereich Künstliche Intelligenz, erklärt, weshalb uns die Suche nach Dokumenten auf dem Computer künftig so viel leichter gelingen wird: „An die Situation, in der ich einen Text, ein Bild oder eine Präsentation zuletzt auf dem PC geöffnet hatte, erinnere ich mich gut. An den Dateinamen hingegen meist nicht.“ Wenn ich mit Blitzbox etwas suche, dann werden Zusammenhänge zwischen Dokumenten, Orten und Personen hergestellt. Man erinnere sich eher daran, dass man das gesuchte Foto aus dem Internet heruntergeladen hat, als man beispielsweise bei einem Freund in Berlin im vergangenen Jahr zu Besuch war. Blitzbox schaut im digitalen Kalender nach, wann dieser Besuch stattgefunden hat, so er denn im digitalen Kalender eingetragen war, und grenzt damit das Suchergebnis schon deutlich ein. Jederzeit lasse sich die Suche mit der herkömmlichen Volltextsuche kombinieren. Noch in diesem Jahr soll Blitzbox auf den Markt kommen.

„Code_n“-Initiator Ulrich Dietz, der selbst als 19-Jähriger sein erstes Unternehmen gegründet hat, sagt: „Viele Unternehmen suchen verzweifelt nach neuen Ideen. Mittelständische Betriebe haben jedoch gar nicht die personelle und finanzielle Möglichkeit, diese zu entwickeln.“ Den Teilnehmern des Wettbewerbs will er eine Plattform bieten, und den Messebesuchern will er mit Ideen auf die Sprünge helfen.