7:0, 7:1, 6:0, 5:0, 4:0 – die Ergebnisse in der Champions League fallen immer deutlicher aus. Was aber sind die Gründe für diese vermeintliche Zweiklassengesellschaft? Eine Spurensuche.

Sport: Heiko Hinrichsen (hh)

Stuttgart - Die Resultate des dritten Gruppenspieltages in der Fußball-Champions-League sind nichts für Freunde des Catenaccios gewesen. Und das lag gewiss nicht allein am AS Rom, dem die Münchner Bayern im ehrwürdigen Olympiastadion der Ewigen Stadt beim 7:1 gehörig das Fell über die Ohren gezogen haben.

 

Vielmehr ergoss sich in Europas Eliteliga auch anderenorts eine Torflut: Der BVB siegte bei Galatasaray Istanbul mit 4:0, der FC Chelsea bezwang den NK Maribor mit 6:0, Altlético Madrid watschte Malmö FF mit 5:0 ab, während der Ukrainische Meister Schachtjor Donezk beim weißrussischen Titelträger Bate Borissov mit 7:0 triumphierte. Besteht die halbe Königsklasse also nur aus fußballerischer 1-b-Ware, weil die Kluft zwischen den Großen und den Kleinen immer weiter aufgeht?

Trainer von AS Rom: „Zu deutlich, um ein Unfall zu sein“

„Einige Teilnehmer scheinen überfordert“, findet Felix Magath, der zuletzt den FC Fulham trainierte. Dass sich die großen drei, die Bundesliga, die englische Premier League sowie die spanische Primera División wirtschaftlich von der Konkurrenz abgesetzt haben, ist aber nur ein Grund für die Deutlichkeit vieler Resultate.

Denn einige andere haben ihre Hausaufgaben einfach vernachlässigt: Durch die deftigen Schlappen gegen die beiden deutschen Vorzeigeclubs Bayern München und Borussia Dortmund bekamen vor allem die Fußballmacher in Italien und der Türkei deutlich vor Augen geführt, dass eine große nationale Fußballbegeisterung allein nicht ausreicht, um international erfolgreich zu sein. „Es ist zu deutlich, um nur ein Unfall zu sein. Das tut weh“, sagte der Trainer Rudi Garcia vom AS Rom, der mit seinem Team derzeit zwar hinter Juventus Turin Zweiter in der Serie A ist, vom FC Bayern aber dennoch überrollt wurde.

Noch Ende der 1980er bis in die Mitte der 1990er Jahre hinein war die Serie A die klar stärkste Liga der Welt, in der sich neben dem Superstar Diego Maradona (SSC Neapel), dem niederländischen Dreigestirn Ruud Gullit, Frank Rijkaard und Marco van Basten vom AC Mailand und dem Inter-Trio Lothar Matthäus, Jürgen Klinsmann und Andreas Brehme so ziemlich jeder Fußballer von Weltformat tummelte.

Gewaltprobleme und schlechte Infrastruktur

Inzwischen ist die Serie A aber deutlich abgehängt worden, was neben der Korruption im Fußball und dem Zwangsabstieg von Juventus Turin 2006 auch an dem Gewaltproblem unter vielen Tifosi sowie an der vielerorts katastrophalen Infrastruktur der Stadien liegt. Etliche Arenen genügen längst nicht mehr den Sicherheitsstandards der Uefa.

Ein bisschen weniger tief als in Italien ist der Fall der türkischen Süper Lig, die ja schon früher auch ein Tummelplatz für leicht ergraute Stars wie Toni Schumacher, den Brasilianer Roberto Carlos, Rumäniens Gheorghe Hagi oder zuletzt auch für den Ivorer Didier Drogba war. Doch unseriöse Geschäftspraktiken wie die des Galatasaray-Präsidenten Ünit Aysal gepaart mit Korruption und Größenwahn machen dem türkischen Fußball schwer zu schaffen. Über den sportlichen Substanzverlust können auch die moderne Türk-Telecom-Arena in Istanbul oder namhafte Trainer wie Cesare Prandelli nicht hinwegtäuschen.

Anderenorts scheinen die deftigen Niederlagen derweil fast programmiert: So ging die „Entwicklungshilfe“ seitens des Uefa-Präsidenten Michel Platini, der es ja auf die Wahlstimmen der kleinen Verbände abgesehen hat, wohl etwas zu schnell vonstatten: Die Uefa führte vor Jahren den „Meisterweg“ ein, auf dem in der Qualifikation zur Königsklasse die nationalen Meister ausschließlich aufeinandertreffen. Mit der Folge, dass mehr Teams wie der schwedische Titelträger Malmö FF (0:5 gegen Atlético Madrid) oder wie NK Maribor (Slowenien, 0:6 gegen Chelsea) in der Gruppenphase auftauchen, die nur an guten Tagen einigermaßen mithalten können.

Dass allerdings Bate Borissov, jenes Team, das dem FC Bayern in seiner Tripel-Saison 2012/13 beim 3:1 die einzige Vorrundenniederlage in der Champions League beibrachte, mit 0:7 gegen Donezk unterging, belegt eine letzte These: Im Fußball gibt es weiter Ergebnisse, die trotz ihrer Deutlichkeit nicht erklärbar sind.