Der Österreicher überwacht nicht nur den Vorstand der Deutschen Bank, sondern sitzt auch in den Konrollgremien von Daimler und Bayer. Die Deutsche Schutzgemeinschaft für Wertpapierbesitz (DSW) beobachtet die Ämterhäufung mit Skepsis.

Korrespondenten: Barbara Schäder (bsa)

Frankfurt - Die Ämterhäufung von Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner stößt auf Kritik. Der Österreicher, der auch den Kontrollgremien von Daimler und Bayer angehört, nahm 2015 an 90 Aufsichtsratssitzungen teil. Das geht aus einer Statistik der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) hervor. Die Aktionärsschützer sprachen von „Overboarding“, das ist der englische Begriff für die Zugehörigkeit zu einer übertriebenen Anzahl von Boards (Aufsichtsräten). Der Fall Achleitner „macht deutlich, dass Overboarding grundsätzlich immer dann problematisch werden kann, wenn zu einer Vielzahl von Mandaten auch noch eine hohe Sitzungsfrequenz der Aufsichtsgremien hinzukommt“, sagte die stellvertretende Geschäftsführerin der DSW, Jella Benner-Heinacher.

 

Achleitners Arbeitsbelastung ist vor allem den Problemen der Deutschen Bank geschuldet, die sich seit dem Vorstandswechsel im vergangenen Jahr um eine Neuausrichtung bemüht. Der Aufsichtsrat der Bank trat 2015 zehn Mal zusammen. Achleitner nahm außerdem an 63 Ausschusssitzungen teil. Die Aufsichtsräte des Geldhauses tagten damit noch häufiger als die Kontrolleure von Volkswagen. Bei dem vom Dieselskandal erschütterten Autobauer hielten der Aufsichtsrat und seine Ausschüsse 35 Sitzungen ab. Obwohl sich damit die Arbeitsbelastung der VW-Kontrolleure verdoppelte, schnurrten ihre Bezüge von zwölf Millionen auf 700 000 Euro zusammen. Der Grund: Die Aufsichtsratsvergütung ist bei VW größtenteils an die Dividende gekoppelt, die wegen des Abgasskandals 2015 drastisch gekürzt wurde.

Ämterhäufung gibt es auch bei anderen Chefkontrolleuren

Achleitner dagegen bekam für seinen Job bei der Deutschen Bank 808 000 Euro, das Geldhaus zahlte seinem Aufsichtsratschef mehr als alle anderen Dax-Konzerne. Auf den höchsten Gesamtverdienst kam 2015 laut DSW allerdings Bayer-Aufsichtsratschef Werner Wenning, der noch bis Juni dieses Jahres auch bei Eon das Kontrollgremium leitete. Den Vorsitz von gleich zwei Dax-Aufsichtsräten führen bis heute Ulrich Lehner (Telekom und ThyssenKrupp), Werner Brandt (RWE und Pro Sieben Sat 1), Wolfgang Mayrhuber (Lufthansa und Infineon) und Wolfgang Reitzle (Linde und Continental). Achleitner ist also mitnichten der einzige Chefkontrolleur, der mehrere Aufsichtsratsmandate ausübt. Nur zeigt sich an seinem Beispiel, wozu dies im Krisenfall führen kann. Zu der Frage, welche Anzahl von Aufsichtsratsmandaten angemessen wäre, wollte sich die DSW indes nicht festlegen.