Umweltminister Franz Untersteller nutzt den Chemieunfall an der Jagst, um vor Verunreinigungen des Grundwassers zu warnen. Doch wo befindet sich die Giftfahne momentan?

Heilbronn - Trotz intensiv ausgebauter Überwachung drohen dem Grundwasser in Baden-Württemberg neue Gefahren. Zwar habe sich die Qualität des Grundwassers in den vergangenen drei Jahrzehnten durchgehend verbessert, berichtete die Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz (LUBW) am Dienstag. Schädliche organische Spurenstoffe aus Arznei- und Röntgenkontrastmitteln, Süßstoffen oder polyfluorierten Chemikalien (PFC), wie sie in Textilien, Papier oder Verpackungen vorkommen, seien inzwischen aber weit verbreitet und stellten eine neue Herausforderung dar.

 

Der Chemieunfall an der Jagst wird nach Worten von Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) zwar keine Auswirkungen auf das Grundwasser haben. Das Unglück habe aber gezeigt, wie schnell und ungeplant Wasser verunreinigt werden kann, sagte der Minister in Karlsruhe anlässlich einer Veranstaltung zu 30 Jahren Grundwasser-Überwachung in Baden-Württemberg.

In drei Wochen ein erster Schadensbericht

In drei Wochen soll ein erster Schadensbericht vorliegen, teilte dazu das Regierungspräsidium Stuttgart bei der Gründung des Arbeitskreises „Zukunft der Jagst im Hohenlohekreis“ mit. Darin soll der Verlust an Kleinlebewesen dokumentiert werden. Auch die Auswirkungen auf Muscheln, Flusskrebse und natürlich die Fischfauna würden untersucht, hieß es am Dienstag.

Ins Grundwasser könnten gefährliche Spurenstoffe laut Untersteller vor allem über undichte Abwasserleitungen gelangen - oder über Kläranlagen, die technisch nicht in der Lage seien, diese Spurenelemente ausreichend abzubauen. „An Flüssen kann man die Auswirkungen von Verunreinigungen sofort sehen“, beim Grundwasser blieben Verschmutzungen dem menschlichen Auge zunächst verborgen. Der Minister betonte, wie wichtig ein möglichst umfassendes Monitoring des Grundwassers sei.

Grundsätzlich habe sich dessen Qualität aber durchgehend verbessert. Die Nitratbelastung etwa durch Landwirtschaft sank seit 1994 um rund 20 Prozent. Die Auflagen für die Landwirte in den Wasserschutzgebieten des Landes zeigten deutlich ihre Wirkung. „Es gibt wahrlich nicht viele Länder, die wie wir eine Reduzierung der Nitratbelastung vorweisen können“, sagte der Minister.

Die LUBW hatte 1985 begonnen, Grundwasser auf Schadstoffe hin zu untersuchen. Heute unterhält sie quer im Land verteilt mehr als 2000 Messstellen. Rund 70 Prozent des Trinkwassers in Baden-Württemberg stammen aus Grund- und Quellwasser.

Giftfahne treibt in Richtung Neckar

Die rund 23 Kilometer lange Giftfahne der Jagst treibt derweil weiter Richtung Neckar und wird dort Ende der Woche erwartet, sagte Untersteller. Seit Tagen werde an den Wehren des Flusses das Wasser höher aufgestaut. „Sobald die Fahne ankommt, sollen Hunderttausende Liter Wasser zusätzlich in den Neckar gepumpt werden.“ Die Konzentration der Giftstoffe sinke inzwischen weiter. Nach Angaben der Kreise Heilbronn und Hohenlohe wurde kein größeres Fischsterben mehr festgesellt.