Immer öfter zeigen sich die Frauen der Mächtigen in China auch bei offiziellen Anlässen. Für die Chinesen ist das ziemlich ungewohnt. Dahinter steckt das Kalkül, die asiatische Großmacht wenig menschlicher erscheinen zu lassen.

Korrespondenten: Inna Hartwich

Es ist eine Premiere, in wichtigen Staatsmedien Chinas inszeniert. Eine Frau schaut schüchtern in die Kamera, sie trägt eine unauffällige Brille und ein blaues Jackett. Die Haare sind nach hinten gekämmt, auf den Lippen hat sie ein eingeübtes Lächeln. Es ist ein braves Bild, auch ein liebenswürdiges. „Cheng Hong“ steht darunter, Englischprofessorin an der Hauptstadtuniversität für Volks- und Betriebswirtschaft in Peking.

 

Doch es ist der zweite Titel, der sie in den Fokus rückt. Cheng Hong ist die Ehefrau des chinesischen Ministerpräsidenten Li Keqiang. Bisher trat sie nicht in Erscheinung, wie fast alle Gemahlinnen chinesischer Spitzenfunktionäre. Nun aber scheint die Pekinger Machtelite die Haltung zu ihren Ehefrauen zu überdenken. Präsident Xi Jinping nimmt seine Frau Peng Liyuan auf seine Reisen mit. Premier Li zieht nach. Cheng Hong begleitet ihren Mann in diesen Tagen durch Äthiopien, Nigeria, Angola und Kenia. Chinas Spitze setzt ihre Ladys als „soft power“ ein, um den Wiederaufstieg des Landes zur Weltmacht sympathischer erscheinen zu lassen. Die Damen wirken als Identifikationsfiguren nach innen und als Aushängeschilder nach außen. Für China ist das neu. In der Öffentlichkeit spielten die Politiker-Ehefrauen bisher keine Rolle. Volk wie Partei hatten zu schlechte Erfahrungen mit den Frauen an der Seite ihrer Führung gemacht. Vor allem mit Jiang Qing, der vierten Ehefrau des Volksrepublik-Gründers Mao Tse-tung. Als Mitglied der sogenannten Viererbande hatten Chinas Richter sie 1976 für die Verbrechen in der Kulturrevolution zu Tode verurteilt und die Strafe später zu lebenslanger Haft umgewandelt. 1991 beging sie Selbstmord. Die Familien von Maos Nachfolgern waren für die Öffentlichkeit tabu.

Doch die Strategie ändert sich. Nach und nach lässt die Partei Informationen über die Ehefrauen durchsickern. Cheng soll 1957 in der zentralchinesischen Provinz Henan auf die Welt gekommen sein. Ihr Vater stand wohl der Kommunistischen Jugendliga vor, die Mutter arbeitete als Journalistin. An der Pekinger Universität begegnete sie Li Keqiang. Sie heirateten, bekamen eine Tochter.  Als Professorin arbeitet Cheng Hong nicht mehr. Sie ist die Second Lady Chinas –  jetzt  für alle sichtbar.